Feist - The reminder

Polydor / Universal
VÖ: 20.04.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Pyjamaparty

Alles wäre wie immer, wenn Leslie Feist nicht plötzlich so viel Erfolg hätte. Die letzten drei Jahre hat sie auf Tour verbracht, so wie sie ihr ganzes Leben davor auch schon unterwegs war. Dann, als es Zeit war, hat sie Platz und Gitarre genommen, um neue Lieder zu schreiben. Weil, anders ging es ja nie, und anders geht es jetzt erst recht nicht. Die Leute hören plötzlich zu, das ist neu, vom Feuilleton bis zum Gelegenheits-Blog hat jeder was zu der 31jährigen Kanadierin zu sagen, die ja selbst sehr still und scheu erscheint. Der Auftakt von "The reminder" klingt vielleicht deshalb so vertraut, als gelte es für Feist, den alten eigenen Mittelpunkt wieder zu finden, den Kopf frei zu kriegen und alles loszuwerden, was sich gerade von außen an ihre Musik heranschleicht. "So sorry" jedenfalls legt sich schon mal sachte zur Seite.

In der Folge wird "The reminder" dann zu so einer Platte, auf der Vögel zwitschern, Flugzeuge fliegen, Autos fahren und Äpfel gegessen werden. Keine Schlafzimmerplatte, aber eine, die in Pyjamas und Hauspantoffeln aufgenommen wurde, von Feist und ein paar Freunden, irgendwo in Paris. Die sensible Schmonzette "Limit to your love" hat ihr Gonzales geschrieben, ein Schellenkranz fällt in eine Handfläche, eine Handfläche fällt auf ein Klavier, fertig. Soul und das, was man früher R'n'B-Musik nannte, wurden sehr zaghaft und zurückhaltend in die Songs eingearbeitet. Feists Stimme ist immer noch das Größte zwischen frischer Gebirgsquelle und kaltem Zigarettenqualm. Und doch scheint "The reminder" ein sehr einfaches, beinahe genügsames Album zu sein.

Aber, aber: Mit "Sealion" geht ein erster Ruck durch die Platte - ein Traditional, das hier als herrlich angebrannter, ungelenker Funk-Track wiedergeboren wird, der am Ende noch Ärger bekommt mit der vorlautesten E-Gitarre, die einem Feist-Song bisher passiert ist. Danach wird das Album flexibler, auch lockerer, traut sich mehr und kann deshalb bei einem Stück wie "1234" landen, das ausgehend von sauber abgezählten Kinderreimen, nach und nach ein paar Streicher, ein Banjo, einen Betrunkene-Freunde-Chor, ein befreit aufklimperndes Barpiano und schließlich auch noch den Rest des Instrumentenfuhrparks findet, den man sich in einer wackelig choreographierten Rummelplatz-Revue vorstellen könnte. Ein bisschen Kontrollverlust und Gehenlassen, das war genau, was "The reminder" gebraucht hatte.

Man ist danach empfänglicher für die kleinen Sticheleien, die dem Album mitgegeben werden, hat Spaß an den komischen Gitarrenzuckungen, die das Ende der tapsigen Single "My moon my man" befallen und will heimlich die Faust ballen, weil sich Feist im quirligen Händeklatscher "Past in persent" sogar an ihre Broken-Social-Scene-Zeit erinnert. "The reminder" ist natürlich weit entfernt von deren Verschwendungssucht bezüglich der Aufnahmespuren. Die Platte ist aber doch reicher instrumentiert, als man das wegen ihrer übersichtlich angelegten Stücke erst meinen will. Letztlich macht sie das unberechenbarer, haltbarer und besser als das Vorgängeralbum "Let it die". Hier geht eben alles einen sehr gesunden Weg. Und Feist kann so weitermachen, wie sie das immer schon getan hat.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • My moon my man
  • Sealion
  • The limit to your love
  • 1234

Tracklist

  1. So sorry
  2. I feel it all
  3. My moon my man
  4. The park
  5. The water
  6. Sealion
  7. Past in present
  8. The limit to your love
  9. 1234
  10. Brandy Alexander
  11. Intuition
  12. Honey honey
  13. How my heart behaves
Gesamtspielzeit: 49:59 min

Im Forum kommentieren

Eurodance Commando

2010-02-07 17:47:34

7/10

viele gute Songs, aber leider auch ein paar durchschnittliche (z.B. die letzten Drei).
Nach dem superben Vorgänger (hier kam er ja nicht so gut weg) eine kleine Enttäuschung. Trotzdem natürlich ein gelungenes Album.

Hoffentlich kommt von der Frau mal was neues...

DerZensor

2008-11-21 14:46:40

Ausser dem Boys Noize-Remix der, wie der Name tatsächlich schon sagt, schon jetzt ein "Klassiker" ist (selten so einen guten Remix gehört) und der Lover's Spit-Version (Ich schätze das ist die Version der Bee Hives EP - besser als das Original, grossartige Version und wer 'Half Nelson' gesehen hat wird die Version seither noch viel mehr lieben), lohnt es sich meines Erachtens überhaupt nicht, diese 2CD-Edition anzuschaffen. Seltsam, dass der - nebst dem Boys Noize-Remix - einzig andere gute Remix dieser Kampagne (Britt Daniels I Feel It All-Remix) nicht drauf ist.

Die Videos sind allesamt sehr gelungen, aber die schaut man sich ja sowieso höchstens einmal an.

revilo

2008-11-21 14:28:59

ich hasse es wenn von CDs die ich mag eine Deluxe Edition herauskommt und mich vor die Frage stellt, ob ich meine alte austauschen muss. Also falls mir einer die Entscheidung abnehmen könnte würde ich mich freuen.
Erscheint am 24. Tracklist CD 2:
1. I Feel It All (Escort Remix)
2. Sealion (Chromeo Remix)
3. My Moon My Man (Boys Noize Classic Mix)
4. 1234 (Van She Remix)
5. Fightin’ Away The Tears - with Mocky
6. So Sorry (One Mic Mix)
7. My Moon My Man (Grizzly Bear Remix)
8. Lover’s Spit (Redux) - Broken Social Scene
9. Islands In The Stream - with Constantines
10. My Moon My Man [Video]
11. 1234 (Director’s Cut) [Video]
12. I Feel It All [Video]
13. Honey Honey (Exclusive) [Video]

rainy april day

2008-01-08 23:51:20

Supertolle Musik. Die "HAAH"-Rufe aus I Feel It All errinnern mich wahnsinnig an 7/4 Shoreline von BrokenSocialScene, da macht sie nämlich das gleiche :-)

Dan

2007-12-31 14:17:31


hat hier jemand Bootlegs von Feist parat?

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