Fink - Fink

L'age d'or / Zomba
VÖ: 02.04.2001
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Auf hoher See

Sanft wiegt sie sich in den Wellen hin und her, die Nußschale. "Fink" hat irgendjemand undeutlich auf ihre Planken geschmiert. Zurückgelehnt liegen vier unrasierte, junge Männer auf Deck und sonnen sich. Einer von ihnen vertreibt sich die Zeit mit dem Singen kratziger Melodien. "Irgendwann wird's Regen geben / Nur mir wär's lieber, es wär' nicht gleich." So viel Weisheit muß belohnt werden, denkt man sich und lauscht den zaghaften Tönen, die wettergegerbten Gitarren entlockt werden. Die Seele des Sängers ächzt wie die Balken, die das Quartett über Wasser halten.

Da schwimmen sie nun mit ihren Gitarren und segeln mit einem Plan, aber ohne Karte. Einen Kompaß brauchen sie nicht, denn der Wind wird schon wissen, wo es langgeht. Eine fixe Idee scheint sich im Kopf des singenden Seemanns breitgemacht zu haben. "Siehst Du, da muß ich hin / Und wie lange ich brauch', ist mir gleich." Aus Hamburger Holz geschnitzt wie sein Schiff, das auch schon bessere Tage gesehen hat, versucht er sich an holpernden Shantys, die ihn ans Ziel seiner Träume zu bringen. "Ich frag' mich, ob die Sonne dort scheint" seufzt er und erinnert sich lakonisch an sein Fernweh. Eine Ahnung vom Wüstensand der Neuen Welt knirscht jedenfalls bereits leidenschaftlich im Gebälk der "Fink".

Ganz unten im Laderaum haben sich ein paar finstere Gestalten namens Paranoia, Selbsthaß und Depression an Bord geschlichen. Mit der Zeit werden die Gedanken an diese blinden Passagiere zu ständigen Begleitern. Selbst die aus dem Seemannsgarn hervortröpfelnden Melodien werfen nun Schatten. Während in Zeilen wie "Ich wein' einen Fluß / Und am anderen Ufer stehst Du" noch Tränen für Liebste fließen, hat die Besatzung in "Messerkampf" die eigene Klinge an der Kehle. Bald wird aus der Seereise eine Metapher für das Leben selber. Einer unstillbaren Romantik und Neptuns unberechenbaren Launen ausgeliefert, nur vom Schein von "Ursa Minor", dem Kleinen Bären beschützt, treibt die "Fink" weiter über eine aufwühlende See. Irgendwann wird das Schiff schon seinen Hafen finden. Ankommen werden seine Passagiere aber erst, das wissen sie genau, wenn sie sich selbst finden.

(Oliver Ding)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Immerhinda
  • Ursa Minor
  • Sieh mich nicht an
  • Wenn Du mich suchst

Tracklist

  1. Die Richtung
  2. Immerhinda
  3. Ich wein' einen Fluss
  4. Das Liebste
  5. Wie ein Schiff
  6. Ursa Minor
  7. Sieh mich nicht an
  8. Messerkampf
  9. Hund II
  10. Letzte Nacht
  11. Irgendwann Regen
  12. Wenn Du mich suchst
Gesamtspielzeit: 48:42 min

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv