Calla - Strength in numbers
Beggars Banquet / IndigoVÖ: 13.04.2007
Die ewigen Gärtner
Nach dem beständigen Murmeln von "Calla" und "Scavengers" sowie dem abgehangenen Straucheln von "Televise" präsentieren sich Calla auf "Strength in numbers" erneut voller kleiner Veränderungen. Vielleicht mit Ausnahme des Letztwerks "Collisons", auf dem Interpol-Agenten die Trauerweidenplantagen aushoben, bedeutete dies jedoch nie einen wirklichen Wechsel in Stil, Stimmung oder Saatgut. Ob ein Streifen mehr an Schatten oder Licht, ein zusätzlicher Tropfen Schweiß, Tränenflüssigkeit oder Whiskey oder ein paar Grad Unterschied zwischen angenehm warm und erfrischend kühl: Calla genügte es stets, die Veränderungen als rares Düngemittel in die Songs selbst einzupflanzen, anstatt die Erde umzugraben oder mit dem Vertikutierer zu bearbeiten. An dieser Vorsicht und Fürsorge hat sich auch auf ihrem mittlerweile fünften Album nichts geändert.
So kitzelt das Schlagzeug von "Stand paralysed" das Ridebecken zu einem Schlangenflüstern an, wird der entspannte Hospitalismus von "Defenses down" von Kratz-Gitarren zum Therapeuten gejagt, und in der Urne von "A sure shot" explodieren Flamenco-Sechzehntel zu einem Feinstaubintermezzo. In ähnlicher Manier arbeiten die pumpenden Bassläufe von "Sanctify" und "Le gusta el fuego" nach vorne und hinten zugleich, treiben an, bremsen aber auch aus und erschaffen so ein undeutbares Zwielicht, das nahezu perfekt ausbalanciert ist. Die Refrains von "Sleep in splendor" und "Rise" kommen nicht recht aus der Hocke und bleiben so in äußerster Spannung stets sprungbereit und recken vorbeifliegenden Vogelschwärmen ihren Daumen entgegen: Mitnahme bitte! "Bronson" und "Simone" proben hingegen den Aufstand gegen das Abfinden und heben das Kinn von der Brust, während "Dancers in the dust" die Revolution von hinten/unten plant und sie schwelgerisch gelingen lässt.
All diese simplen Effekte reißen mit maximaler Effektivität den Himmel über den Songs auf und lassen ein großes Gebärdenspiel aus der Empfindsamkeit erwachsen. Sänger Aurelio Valle raunt dazu eher bedächtig und gelassen als missgelaunt oder verzweifelt. Sein Gesang bleibt zumeist ein stetes, vorbeirauschendes Rätsel und fügt sich somit fließend in die kleinen Flimmerpunkte ein, die Calla im Pollenflug ihrer Musik immer wieder zum Tänzeln bringen.
"Strength in numbers" bläst die klaren Strukturen des Vorgängers als Handkuss in die Nachtluft und lässt sie auf die überall verstreut liegenden Zuchtschwämme herunterregnen, die die ersten Alben hinterlassen haben. Im Verborgenen geht dann die Begattung vonstatten. Die Songs räkeln sich schließlich im fahlen Morgenlicht, lodern empor und wieder hinab. Brennen nie, kühlen aber auch nicht aus. Bereits seit zehn Jahren inszenieren Calla dieses Erwachen ihren Stils aus einer seltsamen Winterschlaflosigkeit. Und es macht nach wie vor Freude, der Ruhe ihrer Bewegungen zu folgen. Dies ist kein Zyklus zwischen Werden und Vergehen, sondern einer zwischen Hier- und Dasein, An- und Abwesenheit. Das alte Sesamstraßenspiel, als Gärtnerlatein.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sleep in splendor
- A sure shot
- Dancers in the dust
Tracklist
- Sanctify
- Defenses down
- Sylvia's song
- Sleep in splendor
- Rise
- Stand paralysed
- Bronson
- Malo
- Malicious manner
- A sure shot
- Le gusta el fuego
- Simone
- Dancers in the dust
Referenzen
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