Modest Mouse - We were dead before the ship even sank
Epic / Red Ink / Rough TradeVÖ: 30.03.2007
Die Freibeuter
Eigentlich sind Modest Mouse aus dem Stadium raus, wo man ihnen zu Ehren vor dem ersten Hören den Sonntagsanzug anlegt. Man erwartet vielmehr etwas von ihnen, sieht sie in der Bringschuld. "We were dead before the ship even sank" ist schließlich kein umjubeltes Debut, es ist auch kein fiebrig erwartetes zweites Album, ebensowenig ist es das dritte Album, bei dem sich entscheidet, ob das mal ganz Große werden, es ist nicht mal das vierte Album, wo ganz Große die Chance erhalten, sich neu zu erfinden und dadurch noch größer zu werden. Nein, es ist das unromantische fünfte Album, nachdem Modest Mouse mit "Good news for people who love bad news" nicht nur größer, sondern gigantisch geworden sind. Und es auch gegen alle Trends geschafft haben, den schrägen Indie-Rock der Neunziger nochmal für die Tanzfläche schön zu machen.
Mit turmhohen Erwartungen konfrontiert, findet sich nun aber die Meute ein, um endlich dem Scheitern beizuwohnen. Wie gehen Modest Mouse mit diesem Druck um? Ganz einfach: Sie setzen einen drauf, machen Johnny Marr von den legendären Smiths zum neuen festen Bandmitglied und lassen James Mercer von den mehr als angesagten Shins auf drei Songs mitsingen. Wer jetzt nicht kritisch hinguckt, der trägt wohl gleich zwei Augenklappen. Die Band hingegen muss sich um alles Sorgen machen, nur nicht um die Motivation.
"We were dead before the ship even sank" weiß mit dem selbsterzeugten Druck eindrucksoll umzugehen. "March into the sea" läuft schneller vom Stapel, als man Luft holen kann. "Dashboard" jagt hinterher und zitiert wohl nicht ganz zufällig die seltsam ambivalente positiv-zynische Stimmung, die schon "Float on" ausmachte. "Fire it up" gewährt eine Verschnaufpause, die zum Kopfwackeln benutzt werden kann, bevor dann beim wunderbar eingängigen "Florida" der Mund nur schwer wieder zuzukriegen ist. "Parting of the sensory" ist ein Labyrinth von einem Song, und wenn man schließlich hinten rausstolpert, weiß man längst nicht mehr, wo das alles noch hinführen soll.
Bereits an dieser Stelle - und die Platte ist eher an ihrem Ende als an ihrem Anfang mit großen Momenten gesegnet - gibt es eigentlich nur noch zwei Optionen: Man outet sich als Fan, dann ist es nun an der Zeit, die Superlative zu zücken und übersprudelnd von der herrlich kranken Seefahrt zu erzählen. Oder man gibt sich unversöhnlich und verweist darauf, dass Isaac Brocks Organ einen unverzüglich den nächstbesten Mast hinauftreibt. An diesem Punkt wird es nämlich einmal mehr hängen: Brocks Stimme ist es, was Modest Mouse ausmacht, an ihr erklären sich Anziehung und Ablehnung. Um so wichtiger ist es für das Album, dass mit Mercer und Marr zwei Größen angeheuert haben, die in der Lage sind, diese Dominanz etwas abzuschwächen und damit Brocks zugleich zu mehr Varianz und einigen Höchstleistungen anzustacheln wie in "We've got everything".
In der Tradition des unübertrefflichen "Good news for people who love bad news" stehend, ist dieses Album zwar weit leichter zugänglich als die stilbildenden Werke der Band aus der zweiten Hälfte der Neunziger, aber leichter ist eben nicht leicht. Wer hier auf Deck bleiben will, sollte schon eine gewisse charakterliche Festigkeit mit sich bringen und vielleicht auch nicht allzuviel vorher essen. Schließlich vergeht kein Song, ohne dass Isaac Brocks nicht wenigstens eine weitestgehend sinnfreie Miniwendung gefühlte 200 Mal in den Gehörgang bohren würde. Dazu donnert das große Auf- und Ab der Gitarren jaulend und kratzig in die irgendwie trotzdem melodische Brandung. Und obendrauf kommen die völlig paradoxen Lyrics. "We'll get crushed by the ocean / But it will not get us wet." Mensch, denk doch mal nach!
Highlights & Tracklist
Highlights
- Dashboard
- Parting of the sensory
- Steam engenius
- Spitting venom
- Invisible
Tracklist
- March into the sea
- Dashboard
- Fire it up
- Florida
- Parting of the sensory
- Missed the boat
- We've got everything
- Fly trapped in a jar
- Education
- Little motel
- Steam engenius
- Spitting venom
- People as places as people
- Invisible
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Vive
2024-12-01 14:25:03
ja, spitting venom ist für mich auch der hit.
bei "florida" gibt es einschub-stelle mit "far enough, far enough wasn't far enough", die hat sowas ungreifbar trauriges, vielleicht auch,weil sie kurz und flüchtig ist
Arne L.
2024-12-01 13:13:55
Ich weiß, das grenzt für viele an Blasphemie, aber das ist ganz subjektiv mein Lieblingsalbum von Modest Mouse. Besonders "We've got everything" mag ich wegen der Drums und James Mercer besonders gern, dicht gefolgt von "Spitting venom", das irgendwann einfach eplodiert. 8,5/10 für mich insgesamt.
Huhn vom Hof
2024-12-01 13:09:40
Es hat ein bisschen gedauert, aber mittlerweile habe ich mich an den Gesangsstil gewöhnt. "Dashboard" und "Steam Engenius" sind Hits.
Karl
2017-07-30 13:28:26
Push
unvdgh
2012-11-18 16:20:10
qtkmdc
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