
Louise Attaque - À plus tard crocodile
Atmosphériques / Al!veVÖ: 09.03.2007
Frog'n'roll
Frankreich ist immer noch das unbekannte Rockwesen. Denn wenn man sich hierzulande einbildet, Ahnung von frankophonen Klängen zu haben, geht es doch meist um die guten alten Chansons. Höchstens ein wenig Pop und Elektronik darf es alternativ auch mal sein. Aber Rock? Selbst wenn Bands wie Air oder Phoenix in den letzten Jahren das eine oder andere Ausrufungszeichen gelang, lag das ja vor allem daran, dass die eben nicht mal mehr der eigenen Sprache trauten. Und als mit Noir Désir einst eine Rock-Band mit eigentümlicher Raffinesse ankam, steckte man deren Sänger bald darauf in den Knast.
Wie verzerrt eine solche Wahrnehmung der französischen Musikszene tatsächlich ist, stellt man schon daran fest, dass vom dort meistverkauften Rockalbum aller Zeiten in all den Oberflächlichkeiten noch gar keine Rede war: Louise Attaque rumpelten 1997 ihr selbstbetiteltes Debüt ein, kreuzten Folkrock, Punk, Zigeunercharme und, natürlich, Chanson und verkauften es wie geschnitten Baguette. Auch der Zweitling "Comme on a dit" begeisterte zum Jahrtausendwechsel mit verzerrter Romantik und wilden Streichern. Danach war erst einmal Auszeit, damit sich mit Tarmac und Ali Dragon zwei ebenso spannende Nebenprojekte entfalten konnten.
Mit "À plus tard crocodile" geben sich die vier Herren aus dem Département Loiret nun tatsächlich gewandelt. Aufruhr und Tumult finden nur noch in homöopathischen Dosen statt, so dass die Rüttler "Oui, non" und "Oui, non, encore" zusammen gerade einmal 1:15 Minuten dauern. Die allgegenwärtige Spannung zeigt sich mit anderen Mitteln: Ruhe ist eingekehrt und möglicherweise dank Mark Plati (David Bowie, Robbie Williams) auch ein gerüttelt Maß an Elektronik. Verschleppte Rhythmen und wandernde Instrumentalläufe wie im brillanten "Sean Penn, Mitchum". Gedämpfte Riffs und breit angelegte Harmonien wie in "Revolver" oder beim knackigen "Si c'etait hier". Glitzernde Arpeggios im verträumten "Est-ce que tu m'aimes encore?" und das Mandolinenprickeln im abschließenden "Ça m'aurait plu".
Immer wieder bürstet sich Arnaud Samuels Violine gegen den Strich. Im Quasi-Titelstück "See you later alligator" wird genüsslich gezupft, in "La nuit" fächelt eine asiatische Ahnung über die Grooves. Und selbst die aufmüpfigen Gitarrenschraddler "Manhattan" und "Nos sourires" bekommen noch eine melancholische Breitseite ab. Bei soviel Freimütigkeit überrascht es nicht einmal, dass selbst Glockenspiel und Reggaebass gemeinsame Nenner finden. Rhythmen suchen nach bislang unvertrauten Wegen und werden doch immer wieder abgelenkt, wenn Erinnerungen an große Popmomente heranwehen und wieder vorbeiziehen. Zwischendurch näselt Gaëtan Roussel sogar ein paar englische Wortfetzen. Doch Louise Attaque bleiben durch und durch französisch: multiculturellement.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Revolver
- Sean Penn, Mitchum
- Si c'etait hier
- Ça m'aurait plu
Tracklist
- La traversée du désert
- Revolver
- Shibuya Station
- Sean Penn, Mitchum
- Si l'on marchait jusqu'à demain
- Salomé
- Si c'était hier
- Oui, non
- Nos sourires
- Depuis toujours
- À l'envers
- Manhattan
- See you later alligator
- La nuit
- Oui, non, encore...
- Est-ce tu m'aimes encore?
- La valse
- Ca m'aurait plu
Referenzen