Sylvan - Presets

Sylvan / Point
VÖ: 16.02.2007
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Halbe Flamme

Es hat ja Vor- wie auch Nachteile, lediglich mit einem kleinen Vertriebskontrakt ausgestattet zu sein, ansonsten jedoch komplett auf eigene Faust zu arbeiten. Klar, in den großen Plattenläden findet man nicht statt. Und irgendwie birgt die ewige Suche nach dem einen großen Deal auch immer die Gefahr, sich anbiedern zu müssen. Andererseits muss man niemandem außer sich selbst etwas beweisen. Vor allem aber, und damit kommen wir zu Sylvan, kann man auch mal Mut zeigen. Zum Beispiel den Mut, einfach zwei Alben am Stück aufzunehmen. "Posthumous silence" war so gut, dass es von Plattentests.de erst verspätet bemerkt wurde und folgerichtig als "vergessene Perle" gewürdigt wurde.

"Presets" soll nach Bandaussage dann auch komplett anders ausgefallen sein als noch "Posthumous silence". Kein Konzeptalbum, keine verzwickten Arrangements, sondern einfach nur geradeaus drauflos. Hier werden doch wohl nicht schon vorab hochgesteckte Erwartungen gedämpft? Zunächst jedoch machen Sylvan dort weiter, wo sie mit "Posthumous silence" aufgehört haben. Wenig proggig, eher poppig, mit sachte laufendem Bass die Nähe von Riverside suchend. Doch die Ernüchterung folgt mit "Signed away" auf dem hinlänglich bekannten Fuße. Wollte man ganz besonders bösartig sein, man könnte den Song in die Reamonn-Kartei einsortieren. Ein bisschen zu viel Pathos, ein bisschen zu cheesy, ein bisschen zu flüssig.

Gott sei Dank bekommen die Hamburger sofort wieder die Kurve, denn "For one day" ist wieder ein Song, der im Rock-Radio rauf und runter dudeln sollte. Nett treibend, schöner Singalong-Refrain, überaus behutsam eingesetztes Cello, ohne den Sound zuzukleistern. Geht doch. Auf lange Sicht jedoch wird klar, dass Sylvan mit der Begradigung ihres Sounds möglicherweise einen Schritt zu weit gegangen sind. Was nämlich fehlt, sind die Hooks, die Ecken und Kanten, die den Hörer aufhorchen ließen. Also vieles, was "Posthumous silence" zu einem überragenden Werk werden ließ. Mitunter bekommt man gar das Gefühl, "Presets" sei eine Sammlung von Outtakes, die nicht nur konzeptionell nicht auf den Vorgänger passten. Einzig "When the leaves fall down" weiß aus der Reihe zu tanzen und mit dezentem Hintergrundgeplucker und leicht verzerrtem Gesang den Hörer aus der beginnenden Lethargie zu reißen. Und wäre nicht das phänomenale Aufbäumen in Form des Titeltracks, man hätte von einer totalen Enttäuschung sprechen müssen.

Es gibt wohl kaum ein beeindruckenderes Beispiel, wie sich eine Band nicht nur freiwillig zwischen die Stühle setzt, sondern selbige Sitzmöbel wegtritt, zerlegt und als Heizquelle fürs nächste Lagerfeuer requiriert. Für das Airplay stimmt die Klasse, sicherlich. Aber ohne großes Label wird man nur im Spartenfunk irgendwo in den trüben Ecken des Digitalradios landen. Zumal das für manche Teile der Zielgruppe so wichtige Image schlicht fehlt. Für den harten Kern der Prog-Szene hingegen ist "Presets" schlicht nicht progressiv genug. Natürlich sind Sylvan im Endeffekt zu gute Musiker, um akustisches Fast Food zu produzieren. "Presets" ist bei aller Kritik immer noch ein passables Pop-Rock-Album geworden. Nicht weniger. Aber leider auch nicht mehr.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • For one day
  • When the leaves fall down
  • Presets

Tracklist

  1. One step beyond
  2. Signed away
  3. For one day
  4. Former life
  5. On the verge of tears
  6. When the leaves fall down
  7. Words from another day
  8. Cold suns
  9. Hypnotized
  10. Heal
  11. Transitory times
  12. Presets
Gesamtspielzeit: 62:22 min

Im Forum kommentieren

Kino

2007-02-04 00:31:49

Ich "Presets" inzwischen. www.justforkicks.de liefert es wohl schon aus.
Nach inzwischen 5 Hördurchgängen muss ich leider feststellen: bisher schwächstes Sylvan-Album. Bis auf "One step beyond", "For one day" und "Presets" bleibt nichts hängen. Alles klingt so schrecklich schön und gleich und letztlich langweilig, dass es mich sanft in den Schlaf wiegt. Spannung, Abwechslung, Spaß? Fehlanzeige.
Meine Bewertung: 7 von 10 (aber gerade noch so und auch nur als Fan mit einem halben Bonuspunkt für Sympathie und Coverartwork)
Dürfte bei Plattentests also nicht über 5 Punkte hinauskommen.

me

2007-01-15 14:37:57

Posthumous silence war sehr intensiv und interessant während der ersten 10 - 20 Durchläufen. Danach empfand ich das Album, wie "Schäbiger Wurzelsepp" es bereits erwähnte, zu glattgebügelt... Die Begeisterung sank... Definiv kein Grower...

Armin

2007-01-15 12:51:57

Verehrte Freunde anspruchsvoller Klänge!


gehören nicht erst seit gestern zur Speerspitze des klassischen Progs.
Obwohl diese Schublade für die Band inzwischen eigentlich viel zu klein geworden ist. Denn SYLVAN spielen einfach zeitlose, wunderbare Musik. Voller Atmosphäre, Spannung und Gänsehautmomenten.
Zart, aber eindringlich, episch, aber nie ausufernd verspielt, auf den Punkt kommend, aber nie zu durchschaubar, sondern immer etwas mysteriös, ungreifbar, aber doch nie abgehoben.
Das resultiert in einem großen Opus wie dem atemberaubenden Titeltrack oder in kompakten Prog-Hits wie 'Cold Suns' und 'Hypnotized', deren Refrains einen schon nach dem ersten Durchlauf nicht mehr loslassen.

"Presets" ist ihr bis dato ambitioniertestes Werk. Nicht nur, weil es die Band technisch auf dem bisherigen Höhepunkt ihres Schaffens zeigt, sondern weil das gesamte Album wie ein perfekt inszenierter Film begeistert, in Spannung versetzt, dann wieder entspannt, um umgehend für neue interessante Wendungen zu sorgen. Großes Kino könnte man das nennen!

SYLVAN
Presets
ProgRock / Point
VÖ: 19.02.2007
www.sylvan.de
www.myspace.com/sylvanhome

Schäbiger Wurzelsepp

2007-01-11 04:15:19

Nicht schlecht, aber umhauen tut`s mich nicht,steril-glattgebügelte Leidenschaft und irgendwie ne Terz zu weinerlich

Armin

2007-01-08 23:43:46

Auf mehr als 5 Beiträge wird der Thread wohl nie kommen, dafür ist die Band einfach zu unbekannt.

Im Jahrespoll brachte es "Posthumous silence" immerhin auf Platz 212, punktgleich mit Evanescence, Katatonia und Papa Roach, einen Punkt vor Justin Timberlake, zwei vor Pretty Girls Make Graves etc.

Aber vielleicht sind die bislang trotzdem nur Insidern bekannt...

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