Anna Ternheim - Separation road
Stockholm / UniversalVÖ: 16.02.2007
Gebenedeit unter den Frauen
Alle haben mitbekommen, wie Anna Ternheim im vergangenen Jahr zu groß wurde für ihre betuliche schwedische Insel, wie sie buchstäblich von Gotland herunter gewachsen ist und mindestens zur gesamteuropäischen Angelegenheit wurde. Nur ihre eigene Plattenfirma, die sieht offenbar immer noch großen Werbe- und Köderbedarf. Die schwedische Limited Edition von "Separation road", Ternheims zweiter Platte, wird mit einer zusätzlichen Akustik-CD verkauft werden. Sehr nett. Die Promoversion des Albums ist aber das eigentliche Ereignis: Seven-Inch-Format, edelste Aufmachung, Acht-Seiten-Booklet, erst an der letzten klebt der Tonträger. Es ist eben nicht mehr die Musik allein, die für Anna Ternheim sprechen soll.
Letztes Jahr war das natürlich noch anders. Ternheims Debütalbum "Somebody outside" wurde ohne viel Getue, dafür mit smoother Zweijahresverspätung, in Deutschland veröffentlicht und zog nicht bloß hier im Forum Beifallsbekundungen wie "beste Platte, die ich je von einer Frau gehört habe" nach sich - wobei diese Geschlechtsspezifizierung freilich weder "Emma"-Kompatibel, noch notwendig erscheint. So oder so, das Album musste nicht viel tun für die beabsichtigte Wirkung, es war eine dieser einfach gehaltenen, auf offensichtliche Stärken zugeschnittenen Platten, die ganz von selbst funktionierte. Erfahrungsgemäß klappt so etwas nur einmal. "Separation road" ist deshalb der Nachfolger, der nach einem solchen Debüt unumgänglich erscheint. Mehr Ambitionen, breiteres Instrumentarium, melodramatisch, ein bisschen aufgeblasen auch.
Ternheim gibt den Auftakt aus der Hand, lässt ein schillerndes Streicherensemble eröffnen, das am Anfang von allem stehen könnte. Danach aber zerrädert sie ein Klavier, gibt sich ein einziges mal wirklich bockig und löst die allgemeine Anspannung von "Girl laying down" erst zum Refrain auf. Die Strophen könnten hier von Fiona Apple sein, der Chorus bis zur letzten Glitzergitarre von Coldplay, für "Separation road" als Ganzes hilft uns das aber nicht lange weiter. Schon "Today is a good day" klingt heller und befreiter, es feiert die Aufbruchsstimmung nach einem lange überfälligen Beziehungscrash mit Rhodes-Piano und schemenhaften Background-Vocals. "I was lonely / Now I'm just alone."
"Separation road" schießt sich schnell ein auf solche Beziehungskisten: Es ist ein Trennungs- und Neuanfangsalbum, im Grundton eher zuversichtlich und erwartungsfroh als verzweifelt-betrübt. Wichtiger indes: Der neue Pronto-Sound ist nicht nur pure Glasur, er gerät nie aus dem Gleichgewicht und macht sich seine Freude am Detail immer wieder zum verlässlichen Komplizen. Die körperlosen Goldfrapp-Chöre in "Lovers dream" und die sanften Bläser aus "Tribute to Linn" schieben die Platte bisweilen ins Geisterhafte. Das säbelrasselnde Schlagzeug von "Feels like sand" legt falsche Fährten. Und über allem schwebt ohnehin Ternheim mit ihren luftleichten Klavierakkorden und einer Blue-Hour-Stimme, die sich Norah Jones sofort implantieren würde. Ist aber unverkäuflich, Missy. Wir haben schließlich noch viel vor mit Anna Ternheim.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Girl laying down
- Today is a good day
Tracklist
- Intro
- Girl laying down
- Today is a good day
- Such a lonely soul
- Calling love
- No subtle men
- Lovers dream
- Feels like sand
- Tribute to Linn
- One to blame
- Halfway to fivepoints
Im Forum kommentieren
Stefan
2007-04-16 17:23:51
Hat jemand eine Ahnung, was es mit der Deluxe Edition des Albums bei Amazon auf sich hat?
erbert
2007-04-12 18:00:01
die 7/10 ist zu wenig, erhöhe auf 8/10
bee
2007-04-07 23:02:48
der Song Such a lonely soul ist Wahnsinn! und die ganze Platte hält was die erste versprach ,-)
Paul Paul
2007-03-20 23:10:43
Der ist noch dreimal so schön, ich weiß, dass ist schwer vorstellbar.
dominik
2007-03-20 22:44:27
was für ein wunderschönes album!!!
höre schon seit drei-vier tagen fast nichts anderes (außer die neue voxtrot).
kannte die dame vorher nur vom hören und sagen. werde mir wohl auch mal den vorgänger bei gelegenheit anhören.
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