
The Earlies - The enemy chorus
Grönland / Rough TradeVÖ: 16.02.2007
Das Treibhaus
Es hat sich einiges geändert im Kosmos des zotteligen Quartetts aus Texas und Manchester. The Earlies, die sich der Sage nach in einem Plattenladen im texanischen Abilene zur Einheit formierten, streifen den kaleidoskopischen, melodiösen Mantel des Pops ab und wünschen dem pathetischen und schichtenschweren Freudentaumel von "These were the Earlies" alles Gute. Der neue Faden spult sich von der Rolle des farbenfrohen 70er-Progressive-Rock ab und kontert mit verqueren Loops auf die Eingängigkeit des Vorgängers. Was auf "The enemy chorus" geschieht, ist starker Tobak, vernebelte Friedenstheorie.
Freie Liebe vielleicht auch. Aber Hippietum ist out, riecht ranzig. Ein schlichter Aufguss bekiffter Instrumentalverwurstungen ist sicherlich das Unschönste, was seit dem "Summer Of Love"-Sampler unters Volk gemischt werden würde. Und glücklicherweise hat sich diese Meinung auch um einige Längengrade herumgesprochen. Denn zwar kokettiert das neueste Werk dieser Detailbesessenen mit den Klebrigkeiten einer längst vergangenen Zeit, reißt ihr aber auch den Nährboden unter den Füßen weg. Diese Verrückten, die sich The Earlies nennen und damit schon alles gesagt haben, was von essentieller Notwendigkeit ist, bringen mit "The enemy chorus" erneut Farbe ins Spektrum.
Ein elfsekündiges Selbstzitat wird jäh durch das raue Reiben einer Violine und den mächtigen Bass unterbrochen, der das Tor zu einer brachialen, stimmungsschwankenden Welt ebnet. Brandon Carr schwebt über den anschwellenden Rhythmusteppich, das Gitarrenspiel wird von einer Trompetenwand eingerissen. Frauenstimmen sprenkeln die Melodie in unabhängige Intervalle. "No love in your heart" ist so spannend, dass sich das Haupthaar aufbäumt. Nach der kruden Explosion von "Burn the liars" bringt das melancholisch verrückte "Enemy chorus" mit einer dezenten Ohrwurmmelodie und strukturierten Synthesizern ein wenig Ruhe in diese Angelegenheit.
Das zärtelnde und vom Erdboden entschwebende "The ground we walk on", getragen von klaren Melodiebögen, von Helligkeit durchscheinend, lässt den Atem stocken. Auf "The enemy chorus" ist alles möglich, Fesseln werden mit einem Feuerwerk entzwei gesprengt. Die Produktion von Tom Knott unterstreicht mit Finesse und Durchblick dieses psychedelische Klangspiel, nordet es zwischen den klanglichen Manifesten von Pink Floyd, dem vertrackten Wahnsinn von Frank Zappa und dem Genius von den Beatles ein.
Ein Orchester kommt zum Einsatz, ein Flötenvirtuose ist zu bestaunen. Schreibmaschinen werden zum Soundgewinn zweckentfremdet, ein entwaffnendes Drone-Gebilde umkreist den Verstand. "The enemy chorus" treibt Schweißperlen auf die Stirn, multipliziert die Hormone. Für Live-Konzerte ist das Quartett unlängst zu einer zehnköpfigen Formation herangewachsen. Ein Erlebnis für die psychisch Unantastbaren. Für diejenigen, die mit dieser Band die Reinkarnation ihrer Plattensammlung feiern. Und jetzt getrost entschwinden können. "Get off your cross / It's hot today."
Highlights & Tracklist
Highlights
- The ground we walk on
- Foundation and earth
- When the wind blows
Tracklist
- No love in your heart
- Burn the liars
- Enemy chorus
- The ground we walk on
- Bad is as bad does
- Gone for the most part
- Foundation and earth
- Little trooper
- Broke chain
- When the wind blows
- Breaking point
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bee
2007-06-07 16:33:27
das Album hat einige gute Songs - vor allem Burn the liars und Bad is as bad does - aber 8/10 ist dann doch etwas hoch gegriffen ...
dominik
2007-04-03 19:52:48
doch hallo, hier ist jemand !!
scheint mir zu gefallen, bin aber erst bei track 2. sehr cooler einstieg schonmal
Susu
2007-02-26 20:09:17
Oh, mal wieder ein absolut geniales Album, für dass sich keine Sau interessiert. Schade eigentlich...
Susu
2007-02-22 10:32:11
Den gestrigen Abend das Album rauf und runter gehört. Wow!
Susu
2007-02-21 15:32:18
Was für eine Band, was für ein ALBUM. Es passiert selten, dass ich mich schon bei den ersten Tönen eines Albums vertraut mit der Musik fühle, doch "The Enemy Chorus" ist die Art Album, die bei mir sitzt wie ein maßgeschneiderter Anzug. Oppulent, verträumt, atemberaubend, schön. Wer sich mit 70er-Prog-Rock wohlfühlt, darf an diesem Album nicht vorbei hören - und das sage ich nach nur 2 Hördurchgängen. Es ist also noch genügend Zeit (und Raum) da, um das Album wachsen zu lassen.
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