Richard Ashcroft - Alone with everybody
Hut / VirginVÖ: 26.06.2000
Allein auf weiter Flur
Ich bin ein wenig enttäuscht. Enttäuscht von einem Mann, dessen letztes Album \"Urban hymns\" mit seiner Band The Verve ein schillerndes Meisterstück war, der kleinste gemeinsame Nenner eines gesamten Genres. Mit etwas Abstand darf man \"Urban hymns\" zu einem Zeitpunkt, an dem der Insel-Hype weit hinter uns liegt, sogar getrost zu den fünf Klassikern aller Stilrichtungen zählen, die weiland unter dem verhaßten Sammelbegriff \"Brit-Pop\" in einen großen Topf geworfen wurden. \"Alone with everybody\" hingegen, Richard Ashcrofts erstes Soloalbum, sitzt selbst jetzt, nach dem etwa zwanzigsten Durchlauf immer noch derart tief im Mittelmaß fest, daß es in der Seele wehtut.
Zu Beginn hat die Seele noch ihren Frieden, ist die Welt noch in Ordnung. Das inzwischen bestens bekannte \"A song for the lovers\" eröffnet das Album mit einer stilvoll zurückhaltenden Komposition, aber auch mit den gewohnt schwermütigen Geigen, Ashcrofts elegischem Gesang und einem Text, dem ein Platz unter den 365 Kalenderblatt-Weisheiten des Pop reserviert gehört. \"Bittersweet symphony\", die zweite also - das kennen wir, und das lieben wir! Was folgt ist der Höhepunkt des Albums, in jeglicher Hinsicht. Streicher und Flöter duellieren und zwitschern sechs Minuten lang um die Wette, bis der Gipfel, auf dem in rosa Lettern \"Kitsch\" geschrieben steht, längst erklommen und überschritten ist. Richard Ashcroft wispert seine kindlichen Reime wie \"I get my beat with you when we see things through and I think about you all the time\" - so könnte ein Bob Dylan nach dem Genuß von zu viel Zuckerwatte klingen. Schön, das.
Der Einbruch läßt nicht lange auf sich warten und trägt mit \"Brave new world\" einen Namen. Die Welt ist mutig, Richard Ashcroft nicht weniger. Leider ist die Komposition an sich schon blutarm, wird aber derart zugepflastert, daß selbst das kaum noch auffällt. Auf gleiche Weise wird über weite Strecken des Albums munter aufgetragen und gekleistert, bis das Arrangement, egal ob passend oder nicht, jeden fragilen Song erdrückt hat. Die Hoffnungsschimmer leuchten nur kurz und verborgen auf: Für \"You on my mind on my sleep\" darf der Pathos für kurze Zeit der intimen Romantik weichen, und das groovende \"Crazy world\" bekommt zum Refrain hin endlich den nötigen Drive, den viele anderen Stücke so vergeblich suchen.
Alleine die Songtitel lassen vermuten, um welche Themen sich Ashcrofts Gedanken spinnen: \"Brave new world\", \"New York\", \"Crazy world\", \"C\'mon people (we\'re making it now)\" und \"Everybody\". Der Prophet ist zwar einiges wert im eigenen Land, und trotzdem macht er sich auf in die große weite Welt, schielt in die Sterne und über alle großen Teiche. Ashcroft denkt nicht nur global, er handelt auch so und packt als Rucksack die ganze Welt in ein einziges Album. Leider gehen Ashcrofts Pläne zur Welteroberung und -verbesserung in ihrer Weitläufigkeit verloren. Denn wofür sind große Hymnen gut, wenn nichts davon hängenbleibt? Wer Pathos liebt und auf naiven Charme verzichten kann ist mit \"Alone with everybody\" sicher gut beraten. Wer allerdings mit dem Maßstab von \"Urban hymns\" mißt und bahnbrechende urbane Hymnen der Marke \"Sonnet\" oder \"The drugs don\'t work\" sucht, wird höchstens bei \"I get my beat\" oder \"You on my mind in my sleep\" mit der Lupe fündig werden.
Highlights & Tracklist
Highlights
- I get my beat
Tracklist
- A song for the lovers
- I get my beat
- Brave new world
- New York
- You on my mind in my sleep
- Crazy world
- On a beach
- Money to burn
- Slow was my heart
- C'mon people (we're making it now)
- Everybody
Im Forum kommentieren
Loam Galligulla
2006-06-16 15:33:29
Dieser Chris Potter geht mir auf den Sack...
Charles
2006-06-11 16:08:08
Versteh nicht wieso da bei jedem Song alles piepsen, brumsen & sumsen muss. Absolut beschissen.
^^
2005-12-29 21:39:03
HALLO IHR
Rizane
2005-12-26 17:14:41
Erinnert mich stellenweise an Bon Jovi,ohne shice.
Alex
2005-12-10 16:08:09
Überproduziert.
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