Locas In Love - Saurus
Sitzer / Virgin / EMIVÖ: 09.02.2007
Jurassic Park
Locas In Love - eine weitere unnötige Telenovela? Aber nicht doch: Man singt deutsch, ist zu viert, hat sich nach einer Comicserie benannt und seine Basisstation in Köln. Und ganz außerdem bereitet diese sympathische Band ungefähr doppelt so viel Freude, wie die Absetzung aller unnötigen Telenovelas zusammen es würde. Das liegt unter anderem an der Gabe, Worte zu finden, die nicht bloß nach Suchmaschinenergebnis, sondern nach Bekennerschreiben und Vertrauensbeweis klingen. Und dann wäre da noch dieser verblüffend internationale Sound, der so viel mehr aus dem Ärmel schüttelt, als herkömmlicher deutscher Indiepop überhaupt auf dem Spickzettel stehen hat.
Wenn man all das - sowie den Umstand, dass die Vier auch gerne mal deutschsprachigen Songs englische Titel verpassen - erst einmal staunend verinnerlicht hat, dann überrascht es eigentlich nicht mehr, dass die mittlerweile pensionierten Arab Strap sich ausgerechnet Locas In Love als Support für ihre allerletzten beiden Deutschland-Konzerte wünschten. Im Gegenzug spendierte Malcolm Middleton ein Gitarrensolo für ihr zweites Album "Saurus", das die Locas zwar selbst einspielten und produzierten, mit dem sie aber zum Mischen in die USA flogen - zu Peter Katis, den man von seinen Kollaborationen mit Interpol, The National, Clem Snide oder Spoon kennen könnte.
Es sind die kleinen, liebevollen Details, die ein Dutzend Singalongs auf Sauriergröße wachsen lassen: der reizende Kinderchor, der "Dieses verdammte Deutschland hat mich dazu getrieben!" skandiert. Gitarren, so fluffig, wie Jamie Oliver keinen Pfannkuchen hinbekommen würde. Vereinzelte sonnige 60s-Harmonie-Gesänge und das beiläufige und gerade deswegen so perfekte Pfeifen in "High pain drifter". Die cleveren Querverweise und vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der Björn, Stefanie, Jan Niklas und Mauri auch Country und Americana an den Rhein importieren und ebenso dezent wie gekonnt einfließen lassen.
Dass Locas In Love zudem ein Händchen für Dramaturgie haben, zeigt "Honeymoon is over (if you want)" beispielhaft - eine angespannte Zusammenkunft von sanftmütigem Piano-Banjo-Geflecht und bitterernstem, bleischwerem Bass, denen schließlich doch noch die eindrucksvolle Verwandlung in streicherbeflügelte Ausgelassenheit gelingt. Sänger Björn Sonnenberg macht dank ausgeprägter Storyteller-Mentalität auch versmaßlos glücklich und schafft es stimmlich locker, für die Akustikgitarren-Nummer "Rosa Mond" mal eben in den Johnny-Cash-Modus zu wechseln - und auf ganz hinreißende Art und Weise Nick Drake zu huldigen.
"Sachen" hingegen erzählt von der wenig fabelhaften Welt der Lethargie - die Saiteninstrumente schlingern thematisch adäquat, während Drummer Mauri fehlerfrei den Begriff Monotonie buchstabiert. Dabei kann er dann aber doch nicht ganz den vorbildlichen Energiehaushalt von Locas In Love verbergen, die sich übrigens unter dem Namen Karpatenhund und mit einer Frau namens Claire am Mikrofon geschlossen den Luxus einer Zweitband leisten. Ebenfalls bei Virgin unter Vertrag und mit einem Debütalbum in Vorbereitung. Man würde ihnen glatt wünschen, doppelt abzuräumen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sachen
- Honeymoon is over (if you want)
- Saurus
- Rosa Mond
Tracklist
- Sachen
- Zum Beispiel ein Unfall
- Comandante
- Monkey
- Honeymoon is over (if you want)
- Saurus
- To get things straight
- Mabuse
- High pain drifter
- (How I wrote) I get lonesome
- Egal wie weit
- Rosa Mond
Referenzen
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