Saint Thomas - There's only one of me
Cornerman / Make My Day / Al!veVÖ: 02.02.2007
Ohne Filter
Der 15. April 2006 war ein sorgenreicher Tag für Freunde des musikalischsten Ex-Briefträgers Norwegens: Thomas Hansen erklärte nämlich völlig überraschend seinen Myspace-Blog zum Beichtstuhl und bekannte: "I am addicted to a medicine type called Benzodiazephines, such as Xanor and Valium, Oxazepam, Diazepam, Alprazolam. So fuck those internet companies that offer 'Valium vouchers' through random e-mails, fuck them for making money of the weak with social anxiety." Keine Woche später checkte er in einer Entzugsklinik ein.
Zu diesem Zeitpunkt war sein umständehalber dramatisch betiteltes sechstes Album "There's only one of me" bereits geschrieben; entstanden während allerschlimmster und hochgradig zermürbender Antidepressiva-Abhängigkeit. Dass die vierzehn Songs zwar ausführlich das rastlose Leben in ratloser, einsamer Selbsterkenntnis thematisieren, aber trotzdem nur selten in Trauerkloßbrühe baden gehen, ist ebenso erstaunlich wie rührend. Überhaupt: Das ist Musik aus ökologisch einwandfreiem Anbau - naturbelassen, unprätentiös, rein und unverfälscht. Ein mondbewachtes Date am Lagerfeuer mit Akustikgitarre, abgehangenem Alt.-Country, sympathischem Schrammel-Indie-Folk und Texten, die beinahe improvisiert wirken.
Grob formuliert geht es auf "There's only one of me" um Bewegung und Stillstand, um Euphorie und Lethargie. Manchmal sogar um beides gleichzeitig: Während das Banjo in "My morning" jubiliert und man sich dazu sehr gut eine schmetterlingsgesegnete Blumenwiese oder ein ähnlich romantisches Szenario vorstellen könnte, fleht Hansen "Don't leave me with my doctor on the telephone / He'll set me up with some medicine / A medicated dog."
Saint Thomas ist nicht unbedingt der einfallsreichste Musiker, aber eines muss man ihm wirklich lassen: Er besitzt den Super-Songwriter-Zoom. Wenn er erzählt, offenbart, scherzt, liebt und leidet, dann erlebt man all das direkt und ungefiltert mit. Man wird Zeuge seiner ersten Interstate-Fahrt, um die es in "The drive" geht, spürt, wie die bleierne Schwere von "Into your deep" plötzlich auf den eigenen Schultern lastet, erinnert sich gemeinsam mit dem mundharmonikaumrankten "Your hotel" an Jugendherbergs-Sorglosigkeit, bewundert den "Movie star" als märchenhafte Erscheinung und findet den Albumtitel auf einmal gar nicht mehr so dramatisch, sondern sogar äußerst passend: "I could tell you the chords to my songs / And you'll go home and practice / Do you really think you'll sound the same? / Well, I don't think so." Nicht nur damit hat er recht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The drive
- Into your deep
- My morning
- Movie star
Tracklist
- The drive
- There's only one of me
- Into your deep
- The famous stalker
- Only yourself
- The dinner party
- My morning
- Thinking
- Your hotel
- After the show
- Ten stops more
- Singing so so so
- The present
- Movie star
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- Saint Thomas (15 Beiträge / Letzter am 12.09.2007 - 00:41 Uhr)