Benni Hemm Hemm - Kajak

Morr / Indigo / Hausmusik
VÖ: 19.01.2007
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Bäck tå ðe røøts

Benedikt Hermann Hermannsson hatte nicht wirklich nachgedacht und nur bedingt kommen sehen wollen, was eigentlich offensichtlich war: Vor weniger als sechs Monaten nahm sich das Berliner Label Morr Music seinem isländischen Kauzigkeitenkabinett Benni Hemm Hemm an, um deren selbstbetiteltes Debüt auch auf dem internationalen Markt dem Hörer zugänglich zu machen. Denn schon seit 2005 wartete der zauberhafte Erstschlag der sonderbaren Bigband-Folker um Anerkennung über die Seegrenzen des kleinen Inselstaates hinaus. Vorsteher Hermannsson ergab sich sogar der Tatsache, dass die isländische Sprache allein nicht ausreiche, um auch im angelsächsischen Raum in Stein gemeißelt zu werden. Man heißt ja schließlich nicht Sigur Rós. Und so fanden sich auf "Benni Hemm Hemm" auch, oft gelungene Bemühungen, dem Englischen mächtig zu werden. Geliebt und gewünscht waren sie weniger.

"Kajak" hat uns nicht wirklich Zeit gegeben, um die strahlenden und polychromen Allüren des Erstlings bis ins kleinste Detail erschließen und verdauen zu können. Erfreut entnehmen wir dem Tracklisting, dass die elfköpfige Mannschaft um Benni Hemm Hemm zu ihren sprachlichen Wurzeln zurückkehren und sich nicht vom World Wide Pushing ins Bockshorn jagen lassen. Isländisch erschallt es von vorne bis hinten. Kein "do", kein "don't", nicht eimal ein "doesn't". Und aus diesem triftigen Grund sollten sich musikfanatische Analytiker, die um den plattennahen Seelenzustand ihres favorisierten Künstlers ernsthaft bemüht sind, doch bitte ganz hinten anstellen. Denn trotz einer nicht erkennbaren Heidenarbeit des Rezensenten, ist es diesem nicht gelungen mit seiner sechsbändigen Kassettensammlung "Isländisch für Dummies" den Kern dieser Sprache zu ergründen.

Mundart ist allerdings nicht alles, und vom instrumentalen Grundkonzept sind Benni Hemm Hemm immer noch die vertrauten Alten geblieben. Glockenspiel, Posaunen, Pauken und Trompeten halten weiterhin die unantastbare Vorherrschaft in Händen. Sie klingen immer noch, als spiele man für die ausgiebig feiernde Dörflichkeit des Jahrmarktfestivals von Klein-Reykjavík ("Mönako", "Sorgatar") - die ja bekanntlich den Schwermut für sich gepachtet haben. Aber unsere verehrten Dilettanten geben sich nicht etwa damit zufrieden, eine Fortsetzung ihres, in der Heimat mit Preisen überhäuften Erstlings einzuspielen. Die Unkontrolliertheit, die ungestümen Rhythmikwechsel und die Einflüsse aus allerlei Richtungen hat man aufgegeben, um in der Gesamtheit einem klareren und einfacheren Schema entgegen zu arbeiten und den isländischen Ursprung zu wahren. Die Akustikgitarre und eine traditionelle Zither kommen vermehrt zu Wort und weisen die lautstarken Bläser auf, ein wenig mehr innezuhalten und Stille walten zu lassen ("Regngalsinn", "Abbastüfur"). Ein bewusster Schritt zurück, der seine Zeit zur Entfaltung braucht. Aber gerade diese balladeske Erhabenheit erweist sich zu guter Letzt als Trumpf des Zweitlings von Benni Hemm Hemm. Die zügel- und ideenlosen Weiterentwicklungsverweigerer, die sich in Teilen auf "Kajak" eingeschlichen haben, werden verwiesen auf die hinteren, billigen Plätze und es bleibt zu hoffen, dass für den dritten Teil der Benni-Hemm-Hemm-Saga alle an einem Strang ziehen.

(Markus Wollmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Brekkan
  • Abbasüfur
  • Mönako

Tracklist

  1. Skuavars
  2. Brekkan
  3. Snjörljössnjör
  4. Sorgartar
  5. Söläneyhöla
  6. Regngalsinn
  7. Stoffer
  8. Abbastüfur
  9. Alorei
  10. Sex eda sjö
  11. Mönako
  12. Eg a bat
  13. Egisda
Gesamtspielzeit: 51:31 min

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