Tunng - Comments of the inner chorus
Full Time Hobby / PIAS / Rough TradeVÖ: 04.08.2006
Wie im Märchen
Ist es ein bockiger Eierkocher? Oder Eiswürfel-Kniffel? Vielleicht auch rebellische Brause, die man mit einem Champagnerquirl zur Ordnung ruft? Oder hysterisches Popcorn, das in der Pfanne verrückt wird? Zischt da möglicherweise ein Kronkorken in Klapperschlangenlaune? Und woher wehen diese glockenhellen, federleichten Feenhaftigkeiten? Man kommt einfach nicht dahinter. Klar ist aber: Wenn Alben schon so charmant rätselhaft loslegen, dann kann man sie eigentlich nur gleich, vom ersten seltsamen Geräusch an, ins Herz schließen. Und wenn das nostalgische Musikmagazin "Mojo" und die Gossip-Kanone "The Sun" dann auch noch gleichermaßen verliebt sind und "Comments of the inner chorus" unisono zu einem der besten Folk-Alben des Jahres lobhudeln, dann kann man tatsächlich auch nicht anders, als ganz verzaubert zu nicken.
Tunng baden heimelige Folk-Singalongs in halluzinogenen Schnapsideen, die sich nicht nur digital berauschen, sondern auch so unkonventionelle Percussion-Instrumente wie Muscheln, Fußnägel, antike Schreibmaschinen, Zähne und Zweige ins Spiel bringen. Das klingt nicht selten hypnotisch, beinahe psychedelisch und fast immer reichlich sympathisch versponnen. Bevor aus Tunng – der Name ist übrigens nichts anderes als das Produkt einer Promille-Fantasie – eine siebenköpfige Folktronica-Clique wurde, ließen Knöpfchendreher Mike Lindsay und Saitenzupfer Sam Genders in einem Londoner Kellerstudio ihre Inspirationsquellen zusammenfließen. Die Sessions dauerten stets so lange wie die Öffnungszeitenzeiten des direkt darüber befindlichen Klamottengeschäftes und durften keinesfalls vor Ladenschluß enden. Denn: Der einzige Weg nach draußen führte ungünstigerweise durch eine Umkleidekabine.
Thematisch wandeln Tunng mit Vorliebe auf wahlweise fabelähnlichem oder morbidem Terrain. In ihrer ersten, weitgehend naturbelassenen Single "Woodcat" hören wir – zu wohltemperierter Akustikgitarre und in beschwörendem Tonfall vorgetragen – die Geschichte eines Mädchens, das zur Strafe für eine nicht näher benannte Missetat in einen Hasen verwandelt wurde. Wen's jetzt schon dezent gruselt, der möge nur auf eigene Gefahr weiterlesen: "Jenny again" ist nämlich die schonungslose Vision eines frisch Ermordeten, der sich in pastellfarbenem "Streets of London"-Flair das neue Leben seines Killers ausmalt: "Change your name and find a job / Marry Jenny in the spring / Buy a dog and call him Pete / Push the children on the swings / Think about me now and then / Try to find a peaceful space / Count the days as they go by / Count the lines upon your face."
Zwischendurch wird noch eine durchgeknallte Flamenco-Gitarre aus ihrer Gummizelle gelassen, um ein paar völlig irre "Stories" zu erzählen – 70er-Jahre-Kinder-TV-Fragmente fallen ihr dabei grandios ins Wort. "It's because...we've got hair" drapiert sich währenddessen unschuldig ein paar Gänseblümchen in die Hippie-Frisur und kultiviert den lagerfeurigen Charme sonniger Naivität. Das könnte sogar Rolf Zuckowski gefallen. Würdevoll neben der Spur flattert das mit Banjo und Cello geköderte "Wind up bird" und vergißt dabei nie die Anleitung zum Gutunterhaltensein: "Tell me stories inside / Lie if you like / But make the details true in our minds." Diese Formel können die sechs Märchenonkels plus Quotenmärchentante aber nun wirklich by heart.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Woodcat
- Jenny again
- It's because...we've got hair
Tracklist
- Hanged
- Woodcat
- The wind up bird
- Red and green
- Stories
- Jenny again
- Man in the box
- Jay down
- It's because...we've got hair
- Sweet William
- Engine room
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markus wollmann
2006-12-02 15:14:20
Ich war auch gestern da. Es wäre bestimmt ein prächtiges Konzert (für mich) geworden, da die drei Gitarristen doch sehr begabt und ausdrucksstark ihr Handwerk zum Besten gaben, aber leider kam wie immer was dazwischen. Die schon von kingsuede angesprochene lange Wartezeit war der schleichende Konzertmörder. Ich wäre beinahe eingeschlafen, konnte mich mit Mühe und Not noch auf den Beinen halten. Kein Wunder, wenn man sich etwas weniger als 2 Stunden die Beine in den Bauch steht und versucht mir Bier trinken und auf Toilette rennen den Ablauf der Zeit zu beschleunigen.
Der Rest war ein Schwall aus schönen Tönen, die bei mir nur noch schwerlich Zugang fanden.
Gesehen habe ich von den sechs (?) Musikern übrigens nur zwei - mit körpernunschönen Verrenkungen kam ich auf mein Maximum von Drei (irgendwo war auch eine Frau zu hören?!?). Ist zwar ein netter Club, der Tsunami, aber die viel zu niedrig gesetzte Bühne (genau wie beim Studio 672; ebenfalls Köln) schränkt den Konzertspaß doch stark ein, so daß mein persönliches Highlight des Abends ein von mir gesetzter Schriftzug auf der örtlichen Toilette war.
kingsuede
2006-12-02 12:29:35
Live waren sie sehr schön! Habe sie im Kölner Tsunami bewundert, wo sie dann auch nach langem Warten um viertel vor elf angefangen haben. Eine angebliche Vorband hatte abgesagt, so dass sich der Konzertbeginn ewig hinzog.
Zu sechst traten Tunng auf die Bühne und spielten einen Mix aus erstem und zweitem Album, dazu The Pioneers, ein Bloc Party Cover.
Das Tsunami war überraschend gut besucht, so dass ein Tunng-Bandmitglied zu Beginn des Konzerts fragte, ob die Menschen in den hinteren Reihen die Band überhaupt sehen oder nur hören können. Er erzählte "We're all in suits...and we're all women....".
Höhepunkte: Jenny Again, Tale from black und die letzte Zugabe ohne Mikro, als die Band auf Stühlen stand und eine Akustik-EInlage von sich gab.
drops
2006-11-29 19:24:26
Hat die jemand live gesehen und wie sind sie?
bee
2006-09-09 12:26:03
das Album hat grosse Momente (The wind up bird und vor allem Jay Down) - aber auch einiges an Leerlauf - daher würd ich ne gute 6/10 geben ,-)
knaTTerton
2006-09-09 00:54:10
das album is wahnsinn.
kampfi for president!
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