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The Beatles - Love
Apple / EMIVÖ: 17.11.2006
Love hurts
Was machen eigentlich George Harrison und John Lennon ihn ihrem ewigwährenden Frieden? Dort oben, dort unten, da hinten, wo auch immer. Den Ungläubigen und Unwissenden soll es nun endlich ums Maul geschmiert werden, damit auch endliche Ruhe herrschen kann: Ihre Seelen verbringen die Zeit im intellektuellen Himmel des Rock'n'Roll. Es wird philosophiert über die Auswirkungen ihrer Songschaffungen - mit Jimi Hendrix, der sowieso alle Gitarrengötter der heutigen Zeit beeinflußt hat, und Johnny Cash, den die neuerdings beanspruchten Violinensalven seines lebendigen Produzenten Rick Rubin auf seiner posthum erschienenen Abschlußarbeit mächtig in den Engelsflügeln jucken. Und traurig blicken sie nun alle auf die Erde nieder: alle Götter, Halbgötter, Adjutanten, Helferleins, alle Träumer, Idealisten, Revoluzzer, alle Lebemänner und Lebefrauen der popkulturellen Historie. Kopfschüttelnd wenden sie sich ab. Der Wunsch etwas gegen den dort wütenden Affront auszurichten, bleibt ihrer körperlosen Hülle versagt. Mit trockenen Tränen in den nicht vorhandenen Augenhöhlen, müssen sie dabei zusehen, wie Menschen in die Plattenläden stürmen und sich die Beatles anhören - so, wie sie noch nie jemand zuvor gehört hat. So, wie sie nie klangen und nie klingen wollten.
Aber da gibt es ja noch einige Vertreter im Hier und Jetzt, die dafür sorgen, daß auch der letzte, kleinstmögliche Rest der wohl bisher bekanntesten Band aller Zeiten verwurstet wird. Ob Yoko Ono, George Martin oder Paul McCartney - sie sorgen mit scharfem Geschäftssinn dafür, daß Originalität verloren geht und die frühere Unschuldigkeit ad absurdum geführt wird. Dem offiziell ersten und lizenzierten Beatles-Mix unterliegt folgendes Prinzip, welches sich perfekt in die gesellschaftliche Struktur einbinden läßt: Höher, schneller, weiter. Keine Fehler, keine Zeit, kein Gefühl. Die Story zu "Love" ist kurz und schnell erzählt: Las Vegas, Cirque du Soleil, The Beatles, Musical, George Martin, Idee, Vertonung, Platte, "Love". Aus diesem Sammelsurium der Substantive sollte der geeignete Hintergrund für "Love" zusammenstellbar sein, zu dessen Veröffentlichung Yoko One dummdreist vor sich her promotete: "Das Album vermittelt das Gefühl von Liebe, und deswegen heißt es auch 'Love'". Um eines vorwegzunehmen, "Love" klingt eher nach harter Arbeit der Masse an Wichtigtuern. Nach nächtelanger Frickelei im hochklassigen Aufnahmestudio, in dem mit haarspalterischer Perfektion alle, wirklich alle zukünftigen Tontechniken implantiert wurden.
Hier ist es also nun: Das Album, das das tiefe Gefühl der Liebe vermittelt und die Beatles so ins rechte Licht des Gegenwartsounds rücken soll. Jeder kennt sie, die großartigen Songs aus sieben Jahren Beatles, die auch nur allzu schwer aus den vielen, vielen Gedächtnissen zu löschen sind. Aber "Love" beläßt es nicht einfach bei einer Wideraufnahme. Hier wurde schwerst getüftelt: Die straffen orchestralen Arrangements von "Elenoar Rigby" sind gelockert, mit weichspülerischen Streichern für den anspruchslosen Genießer zugänglich gemacht. Ein Spaß für die gesamte Familie. Die Zerschossenheit von "A day in the life", die sich zum Pop durchfraß, macht Platz für einen mehrstimmigen Wohlklang aus der Konserve. Hauptinitiator George Martin war wohl ebenfalls der Meinung, daß es manchen Songs noch an lautstarkem Saiteninstrument fehlt, und so finden sich manche Tracks auf "Love" mirnichtsdirnichts im breitgefächerten Rock wieder, mit Hilfe mehrerer hinzugefügter wuchtiger E-Gitarren, die das poppige Grundgefüge mächtig zum Schlittern bringen. Damit kann dann auch der Rest Beat-Anklang zu Grabe getragen werden. Wir sind ja schließlich nicht mehr in den Sechzigern. Letztlich macht sich diese Kompilation ein Übereinander- und Ineinanderstülpen der Songs zu eigen, versehen mit ein bißchen Eso, ein bißchen Atmo, die nach Anspruch geifern, damit auch die in sich Gekehrten etwas zu feiern haben.
Ich selbst bin mit den Alben der Beatles aufgewachsen, halte immer noch voll und ganz an ihnen fest - trotz der vielen üblen Ausschlachtungen und Werbemaßnahmen. Nichts hat sich über die Jahre abgenutzt und leergelaufen. Heute weiß ich nur, daß nicht jedes Werk der Pilzköpfe zur Neuentwicklung der Musik beigetragen und daß manchem Album wie "Sgt. Pepper's lonely hearts club band" oder "Abbey Road" mehr Ruhm und Glorie beigemessen wird, als es verdient hat. Gerade die frühen Scheiben wie "With the Beatles" verbuchten auf Grund ihrer simplen Struktur (vier Instrumente, vier Musiker - that's it) mit dem Ergebnis der melodiösesten Melodien ihren verdienten Respekt und beinahe grenzenlose Anerkennung. "Love" dagegen besteht aus dem fadenscheinigen Gemische von George Martin und seinem Sohn Giles, fünfzig zusätzlichen Musikern aus der Bombastschule und einem Gefolge an raffgierigen Anwälten. Ein Imperium, daß mit musikalischen Oberflächlichkeiten und immer neuen sinnlosen Ideen den unantastbaren Verdienst der Beatles zu einer leeren Hülle macht. Laßt die Originale leben! In aller Reinheit, mit ihrem Mut zu Fehlern und der Authentizität, die ihnen immer noch inne wohnt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- -
Tracklist
- Because
- Get back
- Glass onion
- Elenoar Rigby/Julia (Transition)
- I am the walrus
- I want to hold your hand
- Drive my car/The word/What you're doing
- Gnik nus
- Something/Blue Jay way (Transition)
- Beeing for the benefit of Mr. Kite!/I want you (She's so heavy)/Helter skelter
- Help!
- Blackbird/Yesterday
- Strawberry fields forever
- Within you without you/Tomorrow never knows
- Lucy in the sky with diamonds
- Octupus's garden
- Lady Madonna
- Here comes the sun/The inner light (Transition)
- Revolution
- Back in the U.S.S.R.
- While my guitar gently weeps
- A day in the life
- Hey Jude
- Sgt. Pepper's lonely hearts club band (Reprise)
- All you need is love
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VelvetCell
2025-01-12 00:38:51
Sehr gerne! :)
dreckskerl
2025-01-12 00:18:46
Das habe ich mir kurz nach Erscheinen angehört und "gar nicht übel, besser als gedacht" eingestuft, dann aber doch nicht erworben und vergessen.
Wie fein, dass ich erinnert werde.
VelvetCell
2025-01-12 00:08:37
Ich bin großer Beatles-Fan, das sei kurz vorabgeschickt.
Ich mag LOVE sehr gerne. Es ist im Grunde das beste Beatles-Best-of, das ich kenne. Es soll natürlich keines sein. Aber der Sound hebt die Songs in die Neuzeit und tatsächlich entsteht durch den Mix ein gewisser Flow, der verfängt. Beziehungsweise macht dieses Aneinanderreihen die Genialität all dieser Songs und angespielten Parts nochmal deutlich.
Ein großer Spaß für Fans und jene, die es werden wollen.
jo
2021-12-20 12:13:15
Auch "Because" ist stark. Mag ich lieber als die Albumversion.
Takenot.tk
2021-12-20 12:01:30
Finde das ein sehr schönes Album, weil es wirklich gut Parts aus einzelnen Songs rauszieht und woanders einsetzt. Hat auf mich eine ähnliche Faszination wie damals das "Grey Album" von Danger Mouse.
Highlight so ein bisschen Within You Without You mit dem Tomorrow Never Knows Schlagzeug, aber auch die akustische While My Guitar...-Variante finde ich sehr schön mit dem neuen Score...hört sich wirklich gut.
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