Staind - The greatest hits (1996 - 2006)

Flip / Atlantic / Warner
VÖ: 10.11.2006
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Geschichte der Radios

Staind schieben Frust und sind sichtlich sauer. Auf was und warum überhaupt, ist auf den ersten Blick noch nicht ganz ersichtlich. Das Cover zeigt ein zerdonnertes Radio, an dem sicher irgendjemand mit einem ordentlichen Hammer seinem Frust freien Lauf gelassen hat. Im Booklet geht es dann genauso weiter. Weiße Radios und ehemals schicke Kopfhörer noch und nöcher. Alles im Eimer aber. In der Mitte dann ein Foto von massig Staind-CDs, Covern, Bildern und Postern. Dann wieder dasselbe Spiel wie zuvor. Was sagt uns das? Was wollen Staind uns damit weismachen?

Einige Interpretationsansätze.

Versuch Nummer 1: Staind legen mit "Come again" vom selbstveröffentlichten "Tormented" mächtig angepißt los. Stimmlich klingt das alles noch wie Mister Grunge höchstpersönlich, doch mit anhaltender Zeit werden die Gitarren immer metallischer, und alle drehen zum finalen Urschrei kollektiv leer. Das sich anschließende "Mudshovel" steht dem in nichts nach. Auch hier knallen Staind noch ordentlich auf die Mütze, selbst wenn der Gesang schon etwas melancholischer wirkt. Dafür gibt’s am Ende wieder böses Gegrunze, und wie vom Teufel besessen schmettern alle Mitglieder die kleinen und hilflosen Radios in ihrem Proberaum kaputt. Wie das überengagierte Rockstars nun einmal so machen.

Versuch Nummer 2: Staind sind mittlerweile groß geworden und wissen ihre Wut anders zu kanalisieren. Außerdem darf man sich auf der groß angelegten "Family values"-Tour keine Ausrutscher mehr leisten. So sitzen sie lieber brav auf ihren Stühlchen und klimpern mit Fred Durst zusammen "Outside". Große Männer ganz zahm. Doch es kommt noch schlimmer. "It's been awhile" treibt als pathetische Halbballade jedem noch so harten Kerl die Tränen vor Selbstmitleid in die Augen. "For you" rockt zwar wieder etwas mehr, aber ist ebenso schmalzig, wie "Epiphany" depressiv in Ruhe und Frieden vor sich hinschmachtet. Schlußendlich denken sich die Radios: "Kacke, ich halt das Geheule nicht mehr aus. Ich bring mich um!". Daraufhin stürzen sie sich vom Regal, brechen sich alles und sind kaputt.

Versuch Nummer 3: Staind profitieren mit "14 shades of grey" immer noch vom "Break the cycle"-Hype, und die gute und solide, aber keineswegs überragende und innovative Single "So far away" klettert in den Charts stetig nach oben. "Price to play" und die "Zoe jane"-Liebeshymne an Aarons Lewis Tochter sowie die beiden Halbrocker "Right here" und etwas verspieltere "Falling" vom "Chapter V"-Album sind allesamt völlig okay, aber Staind fahren sich künstlerisch fest. Beide Alben klettern auf Platz 1 der US-Charts, entern Platin, und die Kids gehen auch steil drauf. Aber die Band ist unzufrieden. Sie sieht das Bild in der Mitte des Booklets, die ganzen alten Erinnerungen und resümieren, daß dieser ganze Starscheiß bei weitem nicht das Wahre ist. Aus Frust, Selbstzweifel und Haß über sich selbst zerschlagen sie daraufhin die Radios.

Versuch Nummer 4: Staind sitzen wieder auf ihren Hockern und musizieren ein bißchen vor sich hin. Weil nun die große Frage im Raum steht, wie es mit ihnen weiter gehen soll, covern sie erst sich selbst mit einer Akustikversion von "Everything changes", bevor sie Songs von Alice In Chains, Tool und Pink Floyd nachspielen. Das ist entspannend für sie und auch für die Zuhörer und wirkt befreiend. Zudem steht Staind dieses abschließende Akustikgewand ohne großes Tamtam ausgesprochen gut, da die fremden Songs auch nicht in staindschem Pathos getränkt wurden. Nach diesem kleinen Akustikkonzert gehen die vier Herren nun von der Bühne und gestalten das Cover für die Best-Of-CD. Die kaputten Radios sollen den Abschluß einer kleinen Ära symbolisieren, bevor Staind mit neuer Ausrichtung einen Neuanfang wagen. Wie kaputt.

(Christoph Schwarze)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Mudshovel
  • Epiphany
  • Sober (live acoustic Tool cover)

Tracklist

  1. Come again
  2. Mudshovel
  3. Home
  4. Outside (live feat. Fred Durst)
  5. It's been awhile
  6. For you
  7. Epiphany
  8. So far away
  9. Price to play
  10. Zoe Jane
  11. Right here
  12. Falling
  13. Everything changes (live acoustic)
  14. Nutshell (live acoustic Alice In Chains cover)
  15. Sober (live acoustic Tool cover)
  16. Comfortably numb (live acoustic Pink Flyod cover)
Gesamtspielzeit: 72:42 min

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