Make Believe - Of course

Flameshovel / Polyvinyl / Forte / Al!ve
VÖ: 24.11.2006
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

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Make Believe. So tun, als ob. Man könnte diesen Bandnamen einfach nehmen, wie er so in seiner Bedeutung da steht. Aber damit wäre man Tim und Nate Kinsella auf den Leim gegangen. Zwar schloß der Bandvorgänger Joan Of Arc, zu dem Make Believe einst nur das tourende Begleitprojekt war, zuletzt auf "Joan Of Arc, Dick Cheney, Mark Twain ..." den Schein durchaus in sein unbequemes Schwurbeln ein. Doch wer glaubte, das weitgehend identische Personal würde weitermachen wie bisher, sah sich schon mit dem knackigen Debüt "Shock of being" getäuscht. Denn: Make Believe sind konkret. Vergleichsweise.

Denn natürlich sind die Gedanken der Kinsellas längst so krumm, daß ihr Geradeaus problemlos um mehrere Ecken gleichzeitig kommt. Aber statt sich einer Wagenladung von Effektgeräten und deren mehr oder minder zufälligen Eigenarten auszuliefern, passiert die Musik von Make Believe genau so, wie es die Musiker praktizieren. Käme die Band nicht aus der Postrock-Metropole Chicago, könnte man diese konzeptionell unmittelbare Vorgehensweise eigentlich sogar Rock nennen. "Of course" jedoch besteht auf der gewissen Vorsilbe.

Aufwühlende Nervenzehrung, unter Wechselstrom stehendes Riffing, rhythmische Übernervosität und sich immer mal vorsichtig an unvorsichtige Melodien herantastender Hyperventilationsgesang. Mit diesen Koordinaten ist das Werken des Vierers wenigstens ansatzweise präzise umrissen. Platz genug, um darin einen zweimonatigen Ausflug ins Staatsgefängnis von Oklahoma zu verarbeiten, den Drummer Nate Kinsella das unvorsichtige Wedeln mit seinem besten Stück eingebrockt hatte. Aber nicht mit plumpem Antiobrigkeitsgepöbel. Wer "Political mysticism" ausmacht, schlägt wohlweislich mit komplexeren Mitteln zurück.

Zur Intensität von "Shock of being" gesellt sich auf "Of course" eine durch tatsächlich nur vorgetäuschte Gitarrenreplikation aufmassierte spannungsreiche Härte. Was manisches Fingerpicking so alles anstellen kann. Das hat wie in "Sometimes I see sideways" beschwörende Effekte, kann aber auch wie in "A song about camping" die für dezente Paranoia sorgen. Blair Witch Emo. Und trotzdem wären die meisten Playmobil-Frisuren mit Make Believe reichlich überfordert. Denn dies hier hat zwar mit Blut und Schweiß zu tun, aber weniger mit Tränen. Und schon gar nicht mit anschmiegsamen Hymnen für die Generation Kajal. Dissonanzen, Kakophonie, Avantgarde. Das schreckt Unvorsichtige ab. Und rüttelt an der Aufmerksamkeitsschwelle der konzentrierteren Zuhörer. Vielleicht hätte "Of course" zur Klarstellung ein zusätzliches "f" im Titel gut getan. "Off course" - vom Weg abgekommen. Aber wer sich verläuft, findet manchmal die viel interessanteren Orte. Das gilt auch für Make Believe. Natürlich.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • A song about camping
  • Political mysticism
  • Bisect duality
  • Sometimes I see sideways

Tracklist

  1. A song about camping
  2. Another song about camping
  3. Political mysticism
  4. Florida/Oklahoma 12/05
  5. Pat Tillman, Emmitt Till
  6. Coup d'thought
  7. Bisect duality
  8. Plants dance
  9. Sometimes I see sideways
  10. Anything/Selling that thing
Gesamtspielzeit: 32:20 min

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