The Immediate - In towers & clouds
Fantastic Plastic / Rough TradeVÖ: 17.11.2006
Vogelfrei
Wir verfeinern unser Projekt The Immediate mit einer leichten Prise feuriger Talking Heads. Ein großer Löffel samtige Beatles muß unbedingt hinzugefügt werden, sonst können wir unser Hauptgericht für den heutigen Tag gleich in die Tonne treten. Luftige Leichtigkeit darf einfach nicht fehlen, sonst bleibt uns das Zeug noch Wochen im Magen liegen. Und wenn wir gleich schon beim Vergessen angelangt sind, liebe Stümper der Mischkunst: Auf keinen Fall wird verzichtet auf dieses wabernde, eher undurchsichtige Etwas, das sich Pink Floyd nennt. Bitte aber nur zu dem älteren, reiferen Jahrgang greifen und von der überkandidelten Beleidigung ab Jahrgang Nummer 1971 Abstand nehmen, die einen so verführerisch und glänzend anlächelt. Denn Obacht, der Geschmack findet sich im Kern, nicht an der Oberfläche. Falls unser Versuch der Zubereitung überhaupt nicht zünden sollte, greifen wir zu bereits fertigen, wohlschmeckenden Gewürzmischungen wie The Arcade Fire, Grizzly Bear oder The Walkmen.
So ungefähr darf man sich die Kreation von Bands in der musikalischen Neuzeit vorstellen. Gegriffen wird zu Essenzen von bereits Altbekannten oder Altbackenem – je nach Publikumsausrichtung. Der Mischmasch wird wild und ungestüm in einen Topf geworfen, verfeinert mit allerlei Spezialitäten unterschiedlichster Genres und Härtegrade. Et voilà: Schon haben wir Aufruhr, Unruhen, Glanz und Gloria. Und letztlich eine Welle von elenden Kopisten, die die Welt nicht braucht. The Immediate aus Dublin bekommen eine lange Liste von referenznahen Bands gleich von ihrem Arbeitgeber in den Schoß gelegt. So penetrant, daß man das Gefühl eines eigenen Stils erst einmal an den Nagel hängt und mit Landkarte und Lupe nach den genannten Einflüssen sucht. Ziel ist also, diese klare Richtungsauslegung zu vergessen und für "In towers & clouds" eine ungefähre Wegbeschreibung zu zaubern.
"Aspects" startet verhalten, blinzelt für Sekunden in Richtung von handgemachten Soundscapes und Ambient. Abgehacktes, rhythmisches Gitarrenfeuer stoppt den Ausflug in den Sternenhimmel. Ein Spiel zwischen den beiden Extremen beginnt, das auch textlich in seinen Rahmen gepreßt wird. "Trying to be romantic with the modern world / I am the wild and uncontrolled". Auch wenn diese Ankündigung nicht gerade einen spitzen Schrei nach sich zieht (wir sind schon zu vieles gewöhnt), müssen wir dem Eingeständnis Zustimmung geben. Unkontrolliert wirkt "In towers & clouds" in ganzer Länge. Des Sängers Stimme steigert sich nicht selten von popverliebter Einfachheit über den energiegeladenen Urschrei bis zum princeinfizierten Eunuchengeplärre. "Lonely, locked up" trägt Pavement und Blur in den Knochen, greift aber zusätzlich noch nach psychedelischen und progressiven Elementen, die so unvermittelt verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. "Big sad eyes" würde auch im Nachmittagsradio Platz finden, bevor der Jazz sich der feinen Einfältigkeit annimmt und mit Anspruch infiltriert.
"In towers & clouds" ist ein großartiges Debüt – ein wildes Wechselspiel zwischen herkömmlichem Indierock und einem extremen Hang zu experimenteller Strukturlosigkeit. Den jungen Iren ist zwar anzumerken, daß sie nicht frei von Einflüssen sind. Sie wissen sie aber so zu verarbeiten und einzubauen, daß sie mehr als stimmige Hommage an unser Ohr dringen und ihre eigene Inspiration zum Maß aller Dinge machen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Big sad eyes
- A ghost in this house
- In towers & clouds
Tracklist
- Aspects
- Lonely, locked up
- Fashion or faith
- Big Sad Eyes
- Don't you ever
- Stop and remember
- You, reflected
- Let this light fill your eyes
- A ghost in the house
- In towers & clouds
- Can't stop moving
Im Forum kommentieren
jeb
2006-11-20 22:38:36
Nanu, die Referenzen klingen enorm interessant. Gibt's weitere Eindrücke?
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Threads im Forum
- The Immediate - In towers & clouds (1 Beiträge / Letzter am 20.11.2006 - 22:38 Uhr)