
J.J. Cale & Eric Clapton - The road to Escondido
Reprise / WarnerVÖ: 03.11.2006
Irgendwo im Sowieso
Auf der Straße nach Escondido dringt Musik aus dem Autoradio, deren Musiker sich nie sonderlich viel zu sagen hatten. Gab der eine, von der Journaille nachhaltig dazu gedrängt, stets die himmelschreiende Bewunderung für seinen ehemaligen Hitliferanten J.J. Cale zu Protokoll, so beschränkte sich dieser lediglich darauf zu betonen, wie wichtig vor allem in finanzieller Hinsicht die Klauerei Claptons für ihn gewesen war und noch immer ist. Oder aber er schüttelte dösig den Kopf und klopfte sich die Oberschenkel wund, wenn er im Interview erfuhr, mit welch neuer Coverversion von ihm Clapton zuletzt gesichtet wurde. Wobei, wie die Kenner sich stets auskannten, von Coverversionen ohnehin nie die Rede sein konnte, wenn Clapton zur caleschen Heldenvertonung antrat. Kopie traf es da schon eher. Doch da die Kenner bekanntermaßen eher mit böser Zunge reden, braucht man auf derlei Vorzeichen nicht allzu viel zu geben. Denn wenn sich der Chopper und sein teefixender Beiwagenbewohner zusammen auf den Weg machen, so verspricht das allemal Spannung, offene Wunden und entweder deren Heilung oder aber nekrotische Deformation.
Einmal losgezuckelt ist dann aber doch alles ganz anders. Unspektakulärer. Und immer wieder auch ärgerlicher. So liefert Cale auf "The road to Escondido" ganz bestimmt nicht sein bestes Songwriting der letzten 30 Jahre ab. Zu sehr scheint Mr. Laid Back beim Zurücklehnen mit den Schultern zu zucken. Spannung Fehlanzeige. Vielmehr werden von Country bis Blues sämtliche gängigen Standards standardisiert. Den Rest erledigt dann schon die Leadgitarre. Das kann durchaus als leere Pose verstanden werden, die über einer Musik schwebt, aus der folglich kein echter Schwung mehr entstehen kann. Dennoch haben Songs wie "Danger", "Don't cry sister" oder "Ride the river" natürlich immer noch ihre Momente. Mal wackelt der Rhythmus schön im Offbeat, mal flirren Bläser dezent und unaufgeregt, mal läßt Billy Prestons (R.I.P.) Rumgeorgel die Songs ein paar willkommene Haken schlagen. Nach wie vor ermöglichen Cales Kompositionen all diese Feinheiten, für die man sie stets lieben konnte und mußte. Trotzdem zeigt sich der Meister selbst eher desinteressiert bis -orientiert.
Bleibt also noch Clapton. Und der hätte seinem Herzensprojekt durchaus mehr Knuff geben können. Stattdessen erstarrt er vor Ehrfurcht. Zwar wird sein einziger Sendebeitrag "Three little girls" trotz der reichlich klischeebehangenen Folklorierung zu einem angenehmen Ruhepool, insgesamt aber ist Clapton doch eher Erfüllungsgehilfe. Weshalb er auch das Überproduktionsmandat an sich gerissen haben mag, um sich wenigstens hier möglichst laut und cheesy wiederzuhören. Entlarvend kann man das nennen und damit bestätigen, was ein wie auch immer großer Teil der Kennerschaft eh schon immer dachte.
Im Ergebnis intoniert "The road to Escondido" nicht nur das reichlich bemühte Monument zweier Blues-Ikonen, sondern es stellt eben dieses auf die tönernen Füße eines Genre-Best-Ofs, das keine Zweifel, damit aber auch keine produktiven Gefahren kennt. Und so werden die knapp 60 Minuten dieser Reise zu einer eher verkehrsberuhigten Zone. Das mögen nun selbst die zitierten Kenner vielleicht anders sehen und differenzierter hören. Ob sie dabei allerdings genüßlich mit der Zunge schnalzen, darf immerhin bezweifelt werden. Denn auch hier trifft man sich bestimmt lieber "After midnight" bei den "Crossroads".
Highlights & Tracklist
Highlights
- Danger
- Three little girls
- Ride the river
Tracklist
- Danger
- Heads in Georgia
- Missing person
- When the war is over
- Sporting life blues
- Dead end road
- It's easy
- Hard to thrill
- Anyway the wind blows
- Three little girls
- Don't cry sister
- Last will and testament
- Who am I telling you?
- Ride the river
Referenzen