Pet - Rewind the sofa lady
Grönland / Rough TradeVÖ: 20.10.2006
The dancefloor type
Wir leben in seltsamen Zeiten. Außenpolitische Streitigkeiten allenthalben, internationale Freundschaften überall. Mit den Österreichern können wir mittlerweile ja ganz gut. Und auch an die gelbberückschilderten sommerlichen Wohnwagenkolonien auf den rechten Streifen unserer Autobahnen haben wir uns gewöhnen können. Die Engländer nerven zum Glück nur auf den kanarischen Inseln, und mit den Franzosen teilen wir mehr als eine durchwachsene Geschichte des Zusammenfindens. Wer aber hätte noch vor vier Monaten daran geglaubt, daß ausgerechnet eine deutsch-italienische Kollaboration einen musikalischen Achtungserfolg erzielen würde? Die Mitglieder unserer A-Nationalmannschaft sicherlich nicht.
Die Band dieser prekären Zusammenstellung heißt Pet. Überzeugt mit energetischen Elektrosounds, ausgetüftelten Harmonien und einem wunderbaren Schnitt durch die letzten zehn Jahre der Pop- und Rock-Geschichte. Mindestens der Kopf der Bande, der Berliner André Abshagen, steht mit einem Bein im Dickicht der Commodore-64-Soundfrickeleien, mit dem anderen Bein im Dschungel der bollernden Diskohits der geschmackssicheren Zappelbuden dieser Zeiten. Miss Mono, ebenfalls aus der deutschen Hauptstadt, sowie die zwei Italiener Stefania Vacca und Mouse-On-Mars-Livedrummer Dodo Nkishi komplettieren dieses Gespann der visionären Retro-Rocker, das mit geschwellter Brust von sich behaupten kann, John Peel zu dessen Lebzeiten als wirbelnde Werbetrommel für sich gewonnen zu haben.
Die Vorraussetzungen waren gut, die Zeit reif, und schon das Debüt hieß "Player one ready". Der Zweitling "Rewind the sofa lady" geht nun erwartungsgemäß in die Vollen, wird extrovertierte Britpoper begeistern können und Indierocker im Takt wippen lassen. "Out of the blue", ein dreist eingängiger Popsong, gibt die Marschrichtung vor. Das funkelnde "Rewind" strahlt im Lichte einer kaleidoskopischen Diskoballade mit Kopfschütteleinlage, während das abschließende "Wurlitzer jukebox", ein wabernder Soundmix, zwischen Elektroklängen und mäandernder Soundexplosion, einen würdigen Abschluß zelebriert. Daß Abshagens Organ mitunter an Damon Albarn erinnert, die Songs wie aus einem Guß den Körper fluten und sich in die Gehörgänge einfressen, sind ebenfalls Indizien für ein gelungenes Album.
Doch mit Indizien allein gewinnt man keinen Prozeß. Und schon gar nicht die andauernde Aufmerksamkeit der Hörerschaft. So sind die Ressourcen von "Rewind the sofa lady" zwar noch lange nicht ausgeschöpft, doch fehlt an manchen Ecken der feste Tritt in die Nieren. So verflüchtigt sich das Prickeln der ersten Hördurchläufe bald, während die laszive Einstiegsdynamik ermattet und der heiße Kopf sich des Fieberwahns entledigt. Bevor wir uns nun aber vor Verwunderung über solch eine Wahrnehmungsveränderung die Haare rupfen, halten wir ein, legen "Rewind the sofa lady" auf und gehen auf Reisen. Wo auch immer uns die nächste hinführen wird.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Out of the blue
- All the same
- Wurlitzer jukebox
Tracklist
- Cloud nine
- Whip my blue chip
- Out of the blue
- That kinder feeling
- Slow machine
- Diving for pearls
- Why
- Rewind the sofa lady
- Dynamite
- All the same
- Wurlitzer jukebox
Referenzen