Isis - In the absence of truth
Ipecac / SoulfoodVÖ: 03.11.2006
Kunst verpflichtet
Es sind die immer üblichen Klischees, die scheinbar jeder Platte irgendwie anheften. Was bei Metalcore die ganzen ganzkörpertätowierten toughen Jungs sind, ist bei Post-Rock, Post-Doom-Metal, Post-Metal oder wie man das nennen mag, das Klischee mit der epischen Depression. Selbstverliebte Kunststudenten, die sich in ihrer Melancholie ertränken und denken, sie seien irgendwie besser und überhaupt viel weiser als der Rest. Nicht zu vergessen der intelligentere Horizont, der genauso endlos ist, wie die endlosen Ozeane auf den typischen Covern. Schöne Vorurteile.
Doch völlig aus der Luft gegriffen ist so was ja nie, also muß auch etwas dran sein. Kunst spielt im Falle von Isis schon einmal definitiv eine entscheidende Rolle. Nur weiß man da nie genau, wo man anfangen soll: bei Isis als Symbol für die Kunst, sich auf nichts festlegen zu können und zu wollen? Derart zwischen all den Stühlen des Ambient, Rock und Metal zu tanzen, daß diese mit der Zeit selbst verblassen. Oder dieses einmalige Kunststück, den Hörer schon nach den ersten 40 Sekunden von "Wrists of kings" so in den Bann gerissen zu haben, daß man die restliche Stunde wie hypnotisiert in fernen Welten rumschwebt? Oder gar als symbolische Achterbahnfahrt des Lebens? All das und viel mehr. Denn es bedarf schon ein ungeheures künstlerisches Können, derart viele Facetten und mögliche Emotionen so zu verknüpfen, daß diese keineswegs zerfahren wirken, sondern im Gegenteil vielmehr in sich stimmig sind. Und das trotz der Tatsache, daß "In the absence of truth" wesentlich vielfältiger, harmonischer, rhythmischer und nicht zuletzt auch abwechslungsreicher als seine Vorgänger ist. Tiefste Verneigung.
Aber wie dem auch sei: Isis emanzipieren sich von einer Reihe dieser anfänglichen Klischees. Das beginnt schon beim Cover, was glücklicherweise nicht wieder auf diese nihilistische Depressionsthematik referiert. Und auch tonnenschwere Melancholie muss neuerdings oft beinahe entspannend wirkenden Melodien weichen. Zusätzlich unterstützt werden diese dann von der zurückhaltenden Singstimme Aaron Turners wie beispielsweise in "1,000 shards". Das heißt aber wiederum nicht, daß wegen mehr Melodiösität und mehr Gesang die gefürchteten Ausbrüche weichen mußten. Weit gefehlt. Denn wenn, wie in "Garden of light" auf Sturm umgeschaltet wird, dann paßt auch hier schier alles. Eine perfekte Produktion läßt die Growls noch fruchteinflößender klingen, und zur Beschreibung des Schlagzeugspiels reicht nicht einmal mehr die Phrase "extremst druckvoll" aus.
Isis stehen scheinbar mittlerweile über all diesen Dingen. Über diesen Stigmatisierungen des Genres. Über den Ozeanen, den dunklen Wolken und der erdrückenden Leere. All das wird nun zu reinen Stilmitteln degradiert, denn keiner weiß besser als Isis selbst, daß Kunst keineswegs eindimensional ist und immer neue Wege braucht. Der Einfluß schöner und positiver Elemente. Die Melodie. Der Gesang. Die Extreme. Das Neue am Horizont. Das oberste und letzte Kunstgesetz ist: jedes zu brechen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Wrists of kings
- Not in rivers, but in drops
- Holy tears
- Firdous e bareen
Tracklist
- Wrists of kings
- Not in rivers, but in drops
- Dulcinea
- Over root and thorn
- 1,000 shards
- All out of time, all into space
- Holy tears
- Firdous e bareen
- Garden of light
Im Forum kommentieren
nagolny
2023-03-07 16:30:29
"Dulcinea" bringt es auch glatt auf 10/10.
Wie "Firdous e bareen" kurz vor Schluss nochmal eine ganz neue Note ins Album bringt, mit seiner fast schon ambient schillernden, blubbernden, schwebenden, flirrenden Klangreise, das hätte wohl kaum eine andere Band als Isis so passend in den Fluss und die gesamte Stilistik des Albums einbetten können.
Ja, insgesamt wäre hier alles unter 9/10 für "In the absence of truth" zu wenig.
nagolny
2023-03-07 16:11:31
"Not in rivers, but in drops" sowie "Garden of light" sind klare Zehner, insgesamt kommt das Album "In the absence of truth" bei mir auf eine gute Neun.
Given To The Rising
2020-08-31 08:39:38
"You're Always Welcome" gegrowlt hätte auch was.
Given To The Rising
2020-08-31 07:58:13
Definitiv nicht. ;) Grinning Mouths mit "Would you help me to find a way", das passt nicht.
Manche bewundern mich, manche meinen Akku. Na ja :D
keenan
2020-08-30 22:26:03
isis mit dem sänger von aereogramme, das wäre besser gewesen ;-)
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