Duke Special - Songs from the deep forest

V2 / Rough Trade
VÖ: 20.10.2006
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

His master's voice

Nicht mit dem nackten Finger auf angezogene Menschen zeigen! Und vor allem: Diese Menschen kei-nes-falls nach ihrem Aussehen beurteilen! An dieser Stelle: Gruß und Dank an die Mother-Academy, ohne sie würde man den Herren namens Duke Special jetzt glatt für eine gitarrenmetzelnde Crossover-Kreatur halten. Vielleicht auch für Belfasts Bauwagensiedlungs-Robert-Smith, dessen üppig aufgetragener Eyeliner wahlweise auf ein subtiles "Rettet die Waschbären!"-Statement oder aber auf eine zünftige Störung der Feinmotorik hindeutet. Für die man wiederum seine drahtigen Dreadlocks durchaus als weiteren Beweis gelten lassen könnte. Wenn "Songs from the deep forest" nicht sofort all diese Vermutungen im Vorurteilskeim ersticken würde.

Ein "November rain"-Orchester mißt die Metropolitan Opera aus. Es erstarrt in Ehrfurcht, als der Duke den Saal betritt und vorführt, wie man allein mit elektrisierenden Piano-Intimitäten die festlichen Kronleuchter anknipst, einen nach dem anderen. Schon beim ersten Refrain ist alles erleuchtet - nicht nur im Opernsaal. "Everybody wants a little something" swingt sich mit entzückend verpeiltem Trompetensolizuschlag in ein Roaring-Twenties-Music-Hall-Szenario, und "Brixton leaves" schmuggelt osteuropäische Schwermut in die Arme entwaffnender Happy-End-Streicher. Währenddessen verkleiden sich Stadionlautsprecher-Tester als "Freewheel", das herzerwärmende "No cover up" macht aus einer Tiefkühltruhe ein Solarium, und "Portrait" präsentiert den gemeinsamen Nenner von Zigeunerfete, Stummfilmmusik und Broadway-Musical.

Musikalische Exoten-Experimente sind ohnehin die große Spezialität des Mannes, in dessen Geburtsurkunde der sehr verwechselbare Name Peter Wilson steht. Bloß: Wie erklärt er eigentlich den kleinen Herzögchen, daß mit dem Essen bitteschön nicht gespielt wird, mit den Küchengeräten aber schon? Wenn seine Gattin mal wieder genervt die Augen verdreht und "Duke, where's my Käsereibe?" kreischt, ist klar: Der Alte hat ein Konzert. Und nicht nur ein Faible für ausgefallene Percussion, sondern auch für special Bühnenästhetik, irgendwo zwischen Clochard-Charme und Château-Chic; das Piano in dunkelrotes Samt gewandet und immer die Nadel im Arm - Verzeihung! - Tonarm eines antiken Grammophons. Eine Art vaudevilleske Varieté-Darbietung mit Melodien für Millionen. Zudem ein Importschlager im Fan-Herz von Jack White und im Vorprogramm von The Divine Comedy, Rufus Wainwright und Van Morrison.

Man kann stichprobieren, wo man will - in jedem Winkel dieses Zauberwaldes lauert eine Attraktion: Das Motown-Schellenkranz-Drama "Last night I nearly died" mit seiner feinsäuberlich angetackerten Spätsiebziger-Coda, der umwerfend betrübte Männerchor in der Film-Noir-Collage "Ballad of a broken man" oder auch die ungestüme Hysterie ausgebüchster Zirkuspferde im gedankenapokalyptischen "Salvation tambourine". Und natürlich: der putzige nordirische Akzent, den der Herzog pflegt wie eine Erbtante. Abschließend geht's in die Jazzbar, und "Something might happen" wird als süffiger Schlummertrunk serviert, natürlich gerührt und nicht geschüttelt. So fucking special. Lucky Duke.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wake up Scarlett
  • Everybody wants a little something
  • No cover up
  • Ballad of a broken man
  • Salvation tambourine

Tracklist

  1. Wake up Scarlett
  2. Everybody wants a little something
  3. Brixton leaves
  4. Freewheel
  5. No cover up
  6. Portrait
  7. Last night I nearly died
  8. Ballad of a broken man
  9. Salvation tambourine
  10. Something might happen
  11. Slip of a girl
  12. This could be my last day
Gesamtspielzeit: 43:04 min

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tears

2017-08-07 20:29:33

kann der typ was?

Gordon Fraser

2008-12-08 15:05:33

Die 8/10 ist in Ordnung, aber was ist das denn für eine seltsam versponnene Rezension?

ernsthaft

2008-10-24 13:45:31

bei "deep forest" muss ich an was ganz anderes denken.....

Denniso

2008-10-24 13:24:34

Immer höher, das Album ist ein Ohrenschmaus.

Patte

2008-10-24 13:10:28

Will denn niemand hören?

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