Claus Grabke - Dead hippies - Sad robot
Nois-O-Lution / IndigoVÖ: 13.10.2006
Der Ring des Nibelungen
Gefragt hatte uns keiner. Aber an der Biografie des Mannes, der seine größten Erfolge als Vegetarier feierte, haben auch wir gefeilt. Keine Angst, das Niederschreiben von Memoiren zählt nicht zu unseren Stärken, weshalb wir es bei einer schnellen Aufzählung der bisherigen Lebensstationen belassen: Verdienste für den Skateboard-Standort Deutschland, offensichtliches Talent als MTV-Moderator, belächelte Qualitäten als Modeschöpfer, musikalisch-debile Grenzgänge bei Thumb, Supernova des schlechten Geschmacks mit den Alternative Allstars. Klick: Claus Grabke ist gemeint. Juhu! Oder doch Puh? Bevor wir uns auf die Seite der Voreingenommenen schlagen, betasten wir vorsichtig das angeschwebte Doppelalbum und stellen fest: Mit goldener Schrift prangt sein Name auf dem Cover, im grünen Sumpf taucht ein Baby. Anspielung? Götterdämmerung? Wir werden sehen.
Mit einem biblischen Urschrei begrüßt uns der verloren geglaubte Sohn zu seinem neuen Abenteuer. Und dieses jagt uns auf den abgelatschten und abgegrasten Wegen des New Rock von einer Ecke zur nächsten, bis man stöhnend den Wanderstab ins Kornfeld fallen läßt. Gemeinsam mit Lena Jeckel am Baß und dem Schlagzeuger Sven Pollkötter treibt Grabke mit energetischen Gezimmer die Schäfchen übers Feld, die schon längst keine Wolle mehr geben wollen, die von keinem Wolf mehr gerissen werden wollen, sondern sich lieber zünftig im Dreck wälzen und gelegentlich auch mal planlos gegen ihren Elektrozaun springen.
"Dead hippies" heißt die erste der beiden CDs, besticht durch gnadenlose Gedächtnisriffe und apokalyptische Schmerzensschreie. Der Opener "'Cause I can" walkt über die gute Laune hinweg und mündet im suhlenden "Hot love", welches sich im wesentlichen nur durch den Text vom Opener unterscheidet. "Like a wildman" tritt aufs Gaspedal, das einzige Highlight der ersten Seite ist sogleich der Abschluß: "Ode to my solitude". Schleppender Rhythmus, dreckige Gitarren. Die Antwort auf die Frage, was wir von diesem musikalischen Erguß halten sollen, kann uns auch der Gütersloher nicht liefern. Wir vermuten, er wäre mit der Darstellung des Grundes für solch ein Album sogar selbst überfordert.
Mit großer Anstrengung für die Nervenbahnen des Körpers hält man sich für "Sad robot" bereit. Irritiert starrt man auf seine Boxen. Nichts zu hören, nichts passiert. Vorsichtig entfernen wir die Oropax aus den Gehörgängen und können uns dem Ausruf des Erstaunens nicht verwehren: "Oha!". Das behutsame "Bluesbird" setzt sich durch späherische Elektronik in Szene, das wunderschöne "Rescue me" birst vor Seelenschmerz, während das bombastische, dramatische "When you're loved" dem Fegefeuer entflieht und eine Soundwand errichtet, die unüberwindbar erscheint. Was hier geschieht, trocknet uns den Mund aus. Ja, was ist denn das? Verstörte Soundfragmente, wabernde Atmosphäre, rührselige Geschichten.
Wir können uns getrost trauen, "Dead hippies - sad robot" als ein ziemlich schizophrenes Album zu betiteln. Zwischen dem totalen Kahlschlag des ersten Albums und der erfreulichen zweiten Hälfte, liegen Welten, die man zwar mit einer undefinierbaren Menge radikaler Drogen, einer Überdosis Alkohol oder gar einem Mix aus beidem erkunden kann. Mitinbegriffen ist dabei allerdings ein Fall ohne Fallschirm in eine Kluft der Irritation, die nicht mal Schrammelgitarren wett machen können. Ein Album für alle Sinne zwischen geistiger Umnachtung und seelischen Höhenflügen. Wir zünden jetzt flächendeckend indische Räucherstäbchen an, auf daß wir unseren Einklang mit uns finden. Und den Dingen harren können, die von Grabke wohl sonst noch kommen mögen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Ode to my solitude
- Bluesbird
- Rescue me
- When you're loved
Tracklist
- CD 1
- 'Cause I can
- Hot love
- Lokk who's bad right now
- I never wanted anything so bad
- Real life promises
- Revolution of a mind
- Take it out on me
- Yor're no good for me
- Start walking the walk
- Like a wildman
- I'm dangerous
- Ode to my solitude
- CD 2
- Bluesbird
- Easy
- Garden
- Ptica
- Rescue me
- You were all to me
- Grey
- When you're loved
- Year of hate
- The bird that couldn't stay
- Bluesbird reprise
Referenzen
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- Claus Grabke - Dead hippies / Sad robot (33 Beiträge / Letzter am 25.06.2013 - 05:01 Uhr)