Ray Wilson And Stiltskin - She
Sandport / SPVVÖ: 06.10.2006
Hosen runter
Bei Licht betrachtet hatte Ray Wilson in der Vergangenheit ja nun wirklich das Exkrement am Hacken. Ein Single-Hit, der auch noch durch einen Werbesport gehypt wurde (ja, den mit der Hose), danach Ruhe im Schiff. Bei Genesis das Pech, daß die Bandkollegen keinen Bock mehr auf Songwriting hatten, und solo dann höchst sedierende Platten. Dann also jetzt nochmal der Versuch, es noch mal unter der alten Flagge zu probieren. Und das, obwohl von der alten Truppe nur noch der Tour-Keyboarder Irvin Duguid dabei ist. Die gleiche Mogelpackung wie damals bei Genesis also. Was vor allem heißt: Stiltskin ohne Stiltskin-Songwriter Peter Lawlor. Ojeoje.
Doch nichts da mit "Ojeoje"! Denn "Fly high" ist zwar kein Überflieger, rockt aber entschieden entschlossener als Wilson auf seinen Solowerken. Auch wenn sich das Schema eines Stiltskin-Songs seit "The mind's eye", dem Album, das Fluch und Segen zugleich war, wenig geändert hat. So wie im arg vorhersehbaren "Taking time", was mit der Blaupause von "Inside" winkt. Nur mit angezogener Handbremse. Und zu allem Überfluß wird auch noch der Bibelvers zitiert, den jeder Rockmusikfreund kennt. "Woe to you oh earth and sea." In welchem Zusammenhang auch immer.
Das Titelstück ist dann endlich mal eine nette Abwechslung. Im Booklet mit den Schlagworten "obsessed" und "paranoid" versehen, beschreibt "She" den Musiker, der von einer Stalkerin verfolgt wird. Ein paar Zentimeter abseits der Pfade, ein Riff mit ein paar hypnotisch wabernden Keyboards, und schon verläßt der Sound die Umgehungsstraße, die um den Hörnerv herumführt. Und das alles nur, um auf der Singleauskopplung "Lemon yellow sun" mit umso größerem Tempo wieder wegzufahren.
Im Grunde genommen ist "She" gar nicht einmal schlecht. Was übertrieben wird, ist die Fokussierung auf bombastische Refrains. Die auffälliger wird, je banaler die Strophen sind. Wären da nicht Songs wie "Sick and tired", müßte man auch diesen Versuch, wieder Fuß zu fassen, als vertan betrachten. Gegen Ende wird der gute Ray sogar richtig frech, indem er bei "Fame" erstmal Casting-Shows absaut. "Hello, my name is Maria, I'm 22 years old, my hobbies are dancing and singing, my ambition is to help people who are less fortunate than myself and to make a shitload of cash." Hähä.
Auch wenn "She" mit Sicherheit in die richtige Richtung geht, aus dem Gröbsten raus ist Wilson noch nicht. Die Platte besitzt doch noch zu viele Längen. Immerhin versprüht sie in jeder Sekunde der Spielzeit Authentizität. Wenn es jetzt noch der Tick Variabilität mal nicht nur in die Intros schafft, sondern auch mal einen kompletten Song amtlich losrocken läßt, könnte es ganz ohne Werbespot ja doch noch zu einem wirklich guten Wilson-Album kommen. Ausgerechnet der Rausschmeißer mit dem programmatischen Titel "Better luck next time" zeigt das Ziel auf. In diesem Sinne.
Highlights & Tracklist
Highlights
- She
- Sick and tired
- Better luck next time
Tracklist
- Fly high
- Taking time
- She
- Lemon yellow sun
- Wake up your mind
- Sick and tired
- Constantly reminded
- Show me the way
- Fame
- Some of all my fears
- Summer days
- Better luck next time
Referenzen