Minor Majority - Reasons to hang around
Strange Ways / IndigoVÖ: 15.09.2006
Große Pause
Die Soziologie hat in den vergangenen Jahren hinreichend den Widerspruch entlarvt, daß wir uns einerseits immer mehr Erfindungen schaffen, die Zeitersparnis ermöglichen. Und daß andererseits unser subjektives Zeitgefühl uns immer mehr sagt, es sei fünf vor zwölf. Wir beeilen uns immerfort. Wir sind rastlos. Wir sind müde, aber dürfen noch nicht schlafen. Seitdem wir dank Handy auch im Laufen telefonieren, teilen uns nette Menschen schon auf dem Weg von A nach B mit, wann wir bei C sein müssen. Es wird höchste Zeit für eine Entschleunigungsmaschine. Eine, die den Lauf der Welt verlangsamt, in der sich alle nur noch in Zeitlupe bewegen. So, als ob immer Sonntagmorgen wäre. Und weil das Ding noch nicht erfunden ist, sollten die Menschen beizeiten Minor Majority hören. Deren neues Album heißt "Reasons to hang around". Und es liefert 13 vortreffliche Gründe, einfach mal ganz gepflegt abzuslacken.
Minor Majority, diese norwegische Slow-Pop-Formation, ist schon länger im Musikzirkus unterwegs, als es uns hier bekannt ist. Seit 2000 machen die fünf Norweger bereits Folkrock. Aber erst ihr vergangenes Album "Up for you & I" sorgte auch hierzulande für einen verhaltenen Aufreger. In Norwegen war das Echo größer. Aus der Hand seines Jugendhelden Evan Dando erhielt Minor-Majority-Sänger Pal Angelskar seine erste goldene Schallplatte. Dando wird wissen, warum er dies tat. So fern wirkt das Musizieren von Minor Majority der seinen Musik längst nicht. Es kommt auf die Melodie an. Nicht auf das ganze Drumherum. Und schon gar nicht auf die Geschwindigkeit. Diese Konstante ihres Schaffens führen die Norweger auch auf "Reasons to hang around" vortrefflich fort. Melodien wie die des Openers "Wish you'd hold that smile" oder von "Don't say you love me" lassen auch die beschäftigsten Beeiler unseres Planeten kaum kühl. Es dreht sich - klar doch - immer um die Liebe in den Songs von Minor Majority. Das hört gar der, der nicht mal den Lyrics lauscht, der nur ab und an ein "you", ein "I" oder ein "we" vorbeihuschen hört. Es geht um die Fähigkeit, die Hand manchmal loszulassen und im nächsten Moment schon wieder "Come back to me" zu flehen.
Eine erste kleine Aufregung, eine Anmutung von Geschwindigkeit, läßt erst der fünfte Track "There will come another" erahnen. Die wehmütig angehauchte Mundharmonika kommt zum Einsatz und vermittelt kurz etwas Dringlichkeit, ehe die Stimme des Sängers daran erinnert, weswegen wir hier sind: entspannen! Nicht immer gelingt dies, weil "Alison" zum Beispiel die Nervenenden kitzelt. Ein wunderbares Stückchen Musik. "You were saying" erinnert uns dann wieder an die Langsamkeit, derer wir ja anheim fallen wollten. Das Schlagzeug wird im gefühlten Minutentakt angestreichelt. Der Gesang ummantelt wohlig die Dezenz der Instrumente im leisen Kollektiv. Wir tappen uns vor bis zum Titel "Supergirl" und freuen uns zuerst an der kuscheligen Melodie und danach darüber, daß wir bei diesem Titel fortan nicht mehr an Reamonn denken müssen. Dieses Album ist deshalb so schön, weil kein einzelner Track herausragt. Weil nichts uns weckt aus der Bequemlichkeit von verschenkten 50 Minuten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Wish you'd hold that smile
- Alison
Tracklist
- Wish you'd hold that smile
- Don't say you love me
- Come back to me
- As good as it gets
- There will come another
- Alison
- You were saying
- Let the night begin
- Supergirl
- Keep coming around
- No particular girl
- The long way home
- What you do to me
Referenzen
Spotify
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