Eagle*Seagull - Eagle*Seagull

Paper Garden / Lado / SPV
VÖ: 15.09.2006
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die eigene Beerdigung

Es ist das Bedingungslose. Die Ekstase. Es ist der Abgrund, der schon zwei Schritte hinter uns liegt. Und es ist auch die vage Erinnerung, das alles schon mal gehört, vielleicht sogar geschrieben zu haben. Zwei Jahre ist es beinahe auf den Tag genau her, daß The Arcade Fire ihr Debütalbum"Funeral" in Amerika veröffentlicht und von Anzugschneidern über Indierocker bis zur Motorradhelmindustrie die halbe westliche Welt zu besseren Menschen gemacht haben. Die Geburtstagsfeier allerdings wird von anderen ausgerichtet. Fünf Männer und eine Frau aus Lincoln, Nebraska, ähnlich gut angezogen, ähnlich nah am Wasser gebaut. Ihre bandbetitelte erste Platte "Eagle*Seagull" ist praktisch ein Tribut-Album ohne Coverversionen. Und für zwölfeinhalb Minuten sieht es fast so aus, als würden sie den Geburtstagskindern die eigene Show stehlen.

Butter bei die Fische: Noch keine Platte dieses Jahr ist so gut losgegangen wie "Eagle*Seagull". "Lock and key" wiegt sich minutenlang in Walzertakt und trügerischer Sicherheit, Sänger Eli Mardock sieht das Böse kommen, der Song wird schließlich von einem Bienenschwarm aus Gitarreneffekten übermannt, das Schlagzeug kämpft einen aussichtslosen Kampf. Und die Welt liegt jetzt schon am Boden. "Photograph" muß neu Schwung holen, viel investieren, aber es gibt nichts, was dieses Stück unten halten könnte. Der Baß schiebt, das Klavier steht unerschütterlich im Wind, die Gitarre hüpft drum herum wie ein aufgeregter Hund. "Rebellion (Lies)" mit Endorphinpflaster auf der Schulter, die Welt ist gerettet. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie eine Eagle*Seagull-Show länger als diese beiden Songs dauern soll, so fertig müssen die danach schon sein.

Die Band scheint es ähnlich zu sehen, erholt sich erstmal mit dem Country-Shuffle von "Hello, never" und macht sich anschließend daran, die ersten Eindrücke nachhaltig zu verwischen. Keiner der neun verbleibenden Songs kann so recht Schritt halten mit dem turbulenten Plattenauftakt, und auch das Arcade-Fire-Label will nicht an allem kleben bleiben, was Eagle*Seagull so treiben. Wenn "Death could be at the door" in ein weiteres zwielichtiges Gitarrensolo gerät oder "Your beauty is a knife I turn on my throat" den hysterischen Pianomann aus Mardock herausholt, ist es doch eher das Bedingungslose, die Ekstase, das Lustwandeln über dem Abgrund, als die reine Soundästhetik, die sich Eagle*Seagull mit ihren kanadisch-amerikanischen Kollegen teilen. Wahnsinn kann man eben nicht klauen. Nur leben.

Und Mardock lebt, das ist mal sicher. Sein Gesang zwischen Robert Smith, Starbucks-Dauerkarte und Selbstaufgabe ist Eagle*Seagulls markantester Charakterzug. Und sein Wechsel von der Gitarre an Keyboard und Klavier brachte die Band weg vom Alt.Country zu den großzügig eingerichteten Liedern, die sie heute spielt. Auf dem Weg dorthin sammelten Eagle*Seagull noch ein gesundes Maß an Ausdauer ein, bringen deshalb kaum einen Song in weniger als fünf Minuten zuende und feiern sich folglich aus guten Gründen selbst, wenn "Ballet or art", ihr letztes, auf Piano und Verzweiflung runtergekürztes Lied, die Platte mit einem Feuerwerk beschließt. "I want your heart as a souvenir", hieß es schon einige Songs früher. Spätestens jetzt will man ihnen ein Messer und eine Plastiktüte holen.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lock and key
  • Photograph
  • Your beauty is a knife I turn on my throat

Tracklist

  1. Lock and key
  2. Photograph
  3. Hello, never
  4. Death could be at the door
  5. Holy
  6. Your beauty is a knife I turn on my throat
  7. It was a lovely parade
  8. It's so sexy
  9. Last song
  10. Heal it / feel it
  11. Ballet or art
Gesamtspielzeit: 56:11 min

Im Forum kommentieren

schwedenhappen

2009-02-26 23:47:57


Eagle*Seagull - Photograph

nach langer Zeit mal wieder gehört. sehr, sehr schön.

afromme

2007-02-06 12:30:11

Frisch vom Tourauftakt in Bielefeld:
Ich empfehle sehr, die live zu sehen! Eagle*Seagull und auch die Vorgruppe Friska Viljor können im Konzert mal einiges.
Wer hingeht sollte sich aber drauf einstellen, dass bei fast allen Stücken gegenüber dem Album das Tempo mal ordentlich angezogen wird.
Was vielen Stücken gar nicht mal schlecht tat.
Auch ein neues (Titel wurde nicht gesagt) wurde gespielt. An dem Abend eher das ruhigste der ganzen Setlist, inklusive starker Geigeneinsatz.
Oh - wenn es einen Preis für das laszivste Halbunbeteiligtrumstehen gibt, die Geigerin hätte ihn verdient.

Noch ein Tipp: den Sänger der Vorband (die ohne ihre Keyboard-Frau angereist ist) mal fragen, was der Name seiner Band eigentlich bedeutet :-)

Armin

2007-01-22 12:40:35

Eagle*Seagull aus Lincoln, Nebraska gehen im Februar auf Tour! Zu
diesem Anlass freuen wir uns natürlich, auch einen Video-Link zum Re-
Release der Single "Photograph" unter die Leute bringen zu können!

Das Video findest Du hier:
http://www.eagleseagull.com/2005/av.html#

Und außerdem, hier die Tourdaten:

EAGLE*SEAGULL
präsentiert von SPEX, popfrontal.de, laut.de, Motor FM und M94,5
Support in Deutschland: Friska Viljor

05.02.2007 D-Bielefeld, Forum
07.02.2007 D-Karlsruhe, Substage
08.02.2007 D-Köln, Gebäude 9
09.02.2007 D-Halle, Objekt 5
10.02.2007 D-Berlin, Magnet Club
12.02.2007 D-Hamburg, Knust
13.02.2007 D-Stuttgart, Schocken
14.02.2007 D-München, Atomic Café
15.02.2007 A-Wien, Flex
16.02.2007 A-Salzburg, Argekultur
17.02.2007 CH-Zürich, Mascotte
18.02.2007 CH-Bern, ISC

Weitere Infos:
www.eagleseagull.com
www.myspace.com/eagleseagull
www.target-concerts.de

Michi Beck

2006-10-22 22:25:39

tja.
da hab ichs wohl verplant.

Pure_Massacre

2006-10-22 14:20:33

http://www.plattentests.de/rezi.php?show=4219

http://www.plattentests.de/forum.php?topic=21564&seite=1

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