Ani DiFranco - Reprieve

Righteous Babe / Indigo
VÖ: 08.09.2006
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Wäschekorb

Mit Elan stürzt man sich auf den Weihnachtsbaum, reißt ein Päckchen nach dem nächsten auf, arbeitet sich systematisch vor, bis dann endlich Frau Großmutter mit ihrem Packet um die Ecke sticht und zum Öffnen des selbigen aufruft. Allein durch Fühlen und Tasten ist mal wieder klar, daß die Freude auch dieses Jahr nur auf der Seite der Großmutter bleibt: immer wieder Wollsocken. Was machen? Beim Bruder unterm Bett verstecken? Beim nächsten Flohmarkt verscherbeln? Besser, man schickt sie Ani DiFranco. Die hat zwar niemals kalte Füße, aber ein Faible für Baumwolle.

Diesmal ist die mutige Amerikanerin zwar nicht wie unlängst bei "Knuckle down" mit schicker Baumwollbluse auf dem Cover zu erkennen. Aber auf ihrem neuen Werk "Reprieve" zaubert sie einen Soundmix aus zärtlicher Schmiegsamkeit und bunter Vielfältigkeit hervor, der einem Pullover von der Oma in nichts nachsteht. Hier eine weiche Liebelei, dort ein raues Widerborsten. Zur großen Freude kann sogar das waschmaschinentaugliche Titelstück auf Rotation geschickt werden. DiFranco wird mit "Reprieve" viele beglücken. Nur ihren Präsidenten nicht. Selbst schuld!

Traurig berichtet die kraftvolle Sängerin von dem Untergang New Orleans, der hilflosen Politik der Staatsführer und der Oberflächlichkeit des amerikanischen Alltags. Gemeinsam mit Todd Sickafoose entfaltet sie auf "Reprieve" eine kaleidoskopische Poesie aus Schmerz und Hoffnung, Piano und Trompete, Kontrabaß und Klarinette. Aus den Trümmern ihres in New Orleans zerstörten Studios rettet DiFranco die dynamische, folkige Basis ihres Werks und erschafft einen bebenden Pulsschlag durch die ausufernde Dramatik der Wirklichkeit nach den ersten Aufnahmen.

Niemals aufgebend, immer hoffend, fängt DiFranco den Hörer in ihrer energetischen Welt ein. Melancholisch, freudetrunken und ergriffen balsamiert sie die schwarzen Löcher des Erlebten. Sickafoose zupft den Kontrabaß, in der Ferne erklingt die akustische Gitarre: "Is all or nothing / The best we can do?" Behutsame Fragen entfalten ihre tragende Größe. DiFranco zieht uns aus dem Alltag, öffnet eine neue Türe. Geborgenheit, Wärme, Verständnis. Und wem das alles zu verkopft erscheint, kann sich ja die Bildchen im Booklet anschauen. Wir sind jedenfalls froh, genau hingehört zu haben.

(Christian Preußer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hypnotized
  • In the margins
  • Reprieve

Tracklist

  1. Hynotized
  2. Subconscious
  3. In the margins
  4. Nicotine
  5. Decree
  6. 78% H2o
  7. Millennium theater
  8. Half-assed
  9. Reprieve
  10. A spade
  11. Unrequited
  12. Shroud
  13. Reprise
Gesamtspielzeit: 46:43 min

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