The Longcut - A call and response

Deltasonic / Red Ink / Rough Trade
VÖ: 11.08.2006
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Schlüsselreize

Da ist der Mund gleich ganz schön wässrig. Neue Band aus Manchester (The Smiths, New Order, The Fall). Inselseits auf Deltasonic (The Coral, The Zutons, The Dead 60s), und hierzulande auf dem schicken Red-Ink-Label (Say Anything, My Morning Jacket, The Exit). Produziert von Johnny Dollar (Massive Attack, Neneh Cherry, Sugababes), gemischt von David Sitek (TV On The Radio, Yeah Yeah Yeahs, Liars), gehypet von den zuständigen Institutionen (NME, BBC, Pitchforkmedia). Und mit der Debüt-EP "Transition" war es vor anderthalb Jahren schon kräftigst zwischen The Rapture, Fugazi und Joy Division losgebollert. Gegen so viele erfüllte Wünsche auf einmal ist selbst ein Überraschungs-Ei ein ziemlicher Dreck.

Das nun erscheinende Debüt "A call and response" muß da doch mindestens die neue Wucht in Tüten sein. Die eierlegende Wollmilchsau, die gleichzeitig den legendären Hacienda-Rumpelgroove wiederbelebt, mittels durchkalkulierter Strukturen die Komplexität des Postrock einbaut, zudem die subversive Indieattitüde aus Übersee einfliegt und so dem dürstenden Volk ganze Wagenladungen händereckender Hymnen spendiert. Und dann ist das eröffnende "A last act of desperate men" eher genau das, was sein Titel schon beschreibt.

Schmerzendes Geklöppel stümpert sich einen Dampframmenbeat zusammen, in dessen Nähe das Wort "Groove" zur reinen Selbsterhaltung spontan die Flucht ergreift. Aufdringlich geschrubbte Gitarren verweisen den auf melancholisch getrimmten Nichtgesang von Stuart Ogilvie in den Hintergrund, und zu allem Überfluß stand wohl auch noch eine quietschende Orgel irgendwo im Proberaum herum. Nach knapp drei Minuten hat der Dreier dann selbst ein Einsehen und probiert es ausnahmsweise mit Atmosphäre. Handliches Picking und Grummelbaß wirken doch gleich viel effektiver, wenn das Schlagwerk mal nur die Hälfte des sonstigen Getrümmers tut, weil man so einen Drumcomputer auch einfach mal ausschalten kann. Da aber die 6:49 Minuten irgendwie gefüllt werden müssen, schraubt man dann trotzdem wieder so lange an der Handvoll Riffs herum, die einem eingefallen sind, bis doch wieder alles gleichzeitig lärmt. Statt Laut-Leise lautet das Prinzip hier Laut-Lauter.

Wenn dieses doch recht einfältige Schema die einzige Grundlage für "A call and response" wäre, müßte man all die Vorschußlorbeeren und Wunschträume mit einem fetten Tritt in den Müll befördern. Wenn man genau hinhört, ist das Album tatsächlich über weite Strecken ein ziemliches Gewürfel mit genau diesen Elementen. Woran aber liegt es denn dann, daß das enervierende Geholze von "A quiet life" doch noch an der Spaßgrenze kratzt? Daß "Transition" immer noch soviel Energie in den Socken hat, als wäre da gerade erst ein ganzer Ameisenhaufen hineingehüpft? Daß sich "A tried and tested method" und "Vitamin C" zwar quasi die gleiche Zweieinhalbtonmelodie teilen und trotzdem beide okayen Shoegazerpop abgeben? Und daß der Tränenzieher "Lonesome no more!" dann tatsächlich noch handfeste Gefühligkeit auslöst? Manchmal hilft es eben doch, solange auf die auserkorenen Rezeptoren einzuprügeln, bis es selbst der letzte begriffen hat. Subtil geht anders. Aber dazu könnte man nicht halb so gut zappeln.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Transition
  • A tried and tested method
  • A quiet life
  • Lonesome no more!

Tracklist

  1. A last act of desperate men
  2. Gravity in crisis
  3. Transition
  4. Holy funk
  5. A tried and tested method
  6. A quiet life
  7. The kiss off
  8. Lonesome no more!
  9. Vitamin C
  10. Spires
Gesamtspielzeit: 51:15 min

Im Forum kommentieren

Oliver Ding

2006-08-19 15:04:32

Das ist vor allem fernab von jeglicher Struktur, die Abwechslung versprechen würde. Zielloses Gestampfe ohne hypnotischen Mehrwert. Ich brauche keine Kreuzung aus Underworld, Six.By.Seven und Joy Division.

Das mag ja als Gebrauchmusik in irgendwelchen Zappelbuden taugen. Aber ich kann mir keine solche Zappelbude vorstellen, in der es mehr als fünf Leute lange mit dieser Musik aushalten.

kelle

2006-08-15 10:26:13

@ Oliver Ding:

wie? nur fünf punkte? ich bin entsetzt! ist doch endlich mal wieder ein album fernab vom üblichen "gitarren-schlagzeug-bass-gesang-mainstream". sorry, aber dazu fällt mir nichts mehr ein!

Uh huh him

2006-08-14 00:35:21

sorry, mir fällt grad auf, dass das gar nicht witzig ist

Uh huh him

2006-08-14 00:29:31

Wenn man sein Hirn ausstellt? Klingt, als müsste es für ne 8/10 reichen.

Oliver Ding

2006-08-12 22:28:20

Wenn man sein Hirn ausstellt, machen "Transition" oder "A quiet life" tatsächlich einigen Spaß. Shoegazing auf Speed.

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