The Dears - Gang of losers

Bella Union / Cooperative / V2 / Rough Trade
VÖ: 25.08.2006
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Geh aufs Ganze

Es gab Zeiten, da begann das Saturday Night Fever im dezent überhitzten Badewasser und endete mit der schweißtreibenden Saalwetten-Auflösung von "Wetten, dass..?!". An Nicht-Gottschalk-Samstagen hieß die schlimmste TV-Alternative "Flitterabend". Bevor Schwiegersohnschablone Schanze ein aus der Spielshow ausgeschiedenes Brautpaar in den Ehe-Alltag entließ, wurde stets ein pralinenförmiger Typ in glitzernder Walt-Disney-Uniform auf die Bühne gerufen. "Verlieren ist auch für Euch nicht bitter, denn hier kommt unser Bobby Flitter!" verkündete Schanze dann jovial jubilierend, und die Walt-Disney-Praline lüftete das Geheimnis einer Silberhaube - meistens ein Einbauküchenmodell, als Gutschein für die lebensgroße Version des Trostpreises. Der angeblichen Verlierer-Gang, die sich auf dem dritten Album des kanadischen Indie-Kollektivs The Dears herumtreibt, ist auch ohne Bobby Flitter keine Verbitterung anzumerken. Allerdings auch keine Miniaturmodell-Mentalität.

The Dears sind nämlich die Übergrößen-Boutique, der XXL-Tarif, das All-you-can-eat-Büffet, der Jumbo-Jet, die Großbild-Leinwand. Melodramatisch, schwelgerisch, pathetisch, opulent und selbstverständlich nur an den essentiellsten Themen der Menschheit interessiert: Liebe und Haß. Angst und Freiheit. Leben oder Tod. Das "Sinthtro" bastelt eine Atmosphären-Collage aus Filmscore, Raumschifflandung und Trance-Happening und löst das "Ticket to immortality". Die Gitarre hat sich gerade nochmal die Schnürsenkel so richtig festgezurrt; auch die anderen Instrumente - es müssen ziemlich viele sein - sind gut gerüstet. Und über all dem schwebt Murray Lightburns Stimme - wie ein Würdenträger im frisch gestärkten weißen Hemd. Manche hören da ein bißchen Morrissey, andere ein wenig Damon Albarn. Aber vor allem ganz viel Hingabe.

Während "No cities left" (2004) noch mit achtminütigen Mammutkompositionen und kratzbürstigen Dissonanzen herausforderte, wirkt das neue Dutzend deutlich zugänglicher und harmonischer - und klingt dabei beinahe wie eine Liveplatte. Mit liebevollen Details: Da wären beispielsweise die Drums von "Death or life we want you", die sich anhören, wie sich eine betonharte Matratze anfühlt, der taumelnde 60s-Appeal von "Hate then love" oder die übernächtigte Bluesfärbung von "Fear made the world go 'round". Da wären das aus dem Handgelenk geschüttelte Country-Flair der "Whites only party", der raffinierte Rhythmus von "I fell deep" oder die pulsierende Geschmeidigkeit, die das Bekenntnis "You and I are a gang of losers" umgibt. Und all die wunderbaren melodischen Verfransungen! Gelegentlich schleicht sich allerdings auch das eine oder andere kaugummizähe Arrangement und eine gewisse Over-the-top-Tendenz ein. Und dennoch dürfte die "Gang of losers" so einige Herzen gewinnen. Wetten, dass..?

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ticket to immortality
  • Fear made the world go round
  • Whites only party

Tracklist

  1. Sinthtro
  2. Ticket to immortality
  3. Death or life we want you
  4. Hate then love
  5. There goes my outfit
  6. Bandwagoneers
  7. Fear made the world go 'round
  8. You and I are a gang of losers
  9. Whites only party
  10. Ballad of humankindness
  11. I fell deep
  12. Find our way to freedom
Gesamtspielzeit: 48:05 min

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