The Hidden Cameras - Awoo

Rough Trade / Sanctuary / Rough Trade
VÖ: 04.08.2006
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Peter und der Wolf

Der Mond in Sichelform, mit der Stichsäge in einen Lattenzaun gefräst. Dahinter ein leicht bewölkter hellblauer Himmel. Daneben verschnörkeltes, an Musiknoten erinnerndes, lautmalerisches Hunde- oder Wolfsgejaule: "Awoo" nennt Joel Gibb, Mastermind der kanadischen Hidden Cameras das inzwischen vierte Album seiner Band. Als "Gay church folk" bezeichnet er selbst seine Musik, in deren Texten hin und wieder der Alltag gleichgeschlechtlicher Liebe besungen wird. Mit den Vorgängern "The smell of our own" und "Mississauga goddam" hat sich die Truppe eine kleine, keineswegs durchweg homosexuelle Fangemeinde erarbeitet. Da bei jeder Platte und bei jeder Tour andere Musiker mit von der Partie sind, weiß man nie ganz genau, wer jetzt eigentlich zur Band gehört und wer nicht. Der Sound bleibt allerdings immer gleich. Nach der Produktion von "Awoo" schon Ende letzten Jahres gönnte sich Gibb ein paar Monate in Berlin; momentan beliebter Treffpunkt auch für Kanadier und wohl der beste Ort, um einsam und unerkannt wolfsmäßig durch die Stadt zu ziehen.

Der Mensch als Wolf. Gefürchtet und verehrt. Kleine Mädchen mit roten Mützen fressend. In Einklang mit der Natur lebend. Und bei Vollmond ist der Teufel los. Der Wolf, das Lamm. Hurz!

In den oft recht kryptischen Texten auf "Awoo" geht es um die Probleme menschlichen Zusammenlebens. Selbstzweifeln und Melancholie wird hier Raum gegeben, nachdem auf den früheren Alben noch eher fröhlich von absonderlichen sexuellen Praktiken gesungen wurde ("Noch einen Einlauf bitte!"). Der Mond nimmt wieder ab, man wird verlassen, was bleibt einem anderes übrig als die laute Klage? Daß Joel Gibb seine Stimme dabei jede Menge Purzelbäume schlagen läßt, ist bekannt. Anders als etwa The Polyphonic Spree oder Pulp breiten sich die Songs der Hidden Cameras indes nicht episch aus, sondern bleiben verspielt und bodenständig. Der Einsatz von wenigen akustischen Instrumenten wie Geige, Cello oder Glockenspiel tut sein Übriges.

Große Neuigkeiten sind das aber alles nicht. Auch wenn man bei "Learning the lie" mal wieder vom Chorgestühl aufsteht, um ordentlich mitzuschaukeln. "Lollipop" beschäftigt sich nicht nur mit Süßigkeiten, sondern bringt auch eine Handvoll stakkatohaft vorgetragener Lebensweisheiten der Marke "punch or be punched". Am Ende sind Songs wie "Heaven turns to" oder "Wandering" der Beweis, daß Gibb sich, seiner Stimme und schließlich auch dem Hörer nach all den lauten und schnellen Songs auch mal etwas Ruhe gönnt. Der Wiedererkennungswert steigt, die Fangemeinde wächst zusammen. Und so könnte "Awoo" gut und gerne die Seite B vom Vorläufer "Mississauga goddam" sein. Wenn da nicht die Sache mit dem Wolf wäre.

(Steffen Krautzig)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Awoo
  • She's gone
  • Learning the lie

Tracklist

  1. Death of a tune
  2. Awoo
  3. She's gone
  4. Lollipop
  5. Fee fie
  6. Learning the lie
  7. Follow these eyes
  8. Heji
  9. Heaven turns to
  10. Wandering
  11. For fun
  12. Hump from bending
  13. The waning moon
Gesamtspielzeit: 44:12 min

Im Forum kommentieren

smörre

2009-07-14 22:18:17

neues album im anmarsch! der gratis-teaser lässt hoffen, dass sie nicht zum vierten mal dieselbe platte veröffentlichen. sehr düster und ausladend. werden die noch mal relevanter als zuletzt?

moloka

2006-10-31 17:29:53

möchte noch einmal auf das Konzert der Cameras in der Dortmunder Kirche hinweisen. 13 Popjünger in der Kathedrale - könnte echt spitze werden.

night porter

2006-08-18 11:57:55

ein bisschen was von Seite 1, ein bisschen mehr von Seite 2. Auf Dauer aber auch ein bisschen nervig..

depp

2006-08-18 10:58:24

ja, wie klingen die denn nun? experimentell oder leichte Popsongs?

manuel

2006-08-18 10:50:58

Ich finde die neue CD gut, aber die Vorgänger alben gefallen mir eindeutig besser...

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