Frost - Milliontown
InsideOut / SPVVÖ: 21.07.2006
Kaltschale
Das ist ja mal wieder eine interessante Story: Erfolgreicher Produzent hat keinen Bock mehr auf Plastik-Pop und schablonenhaft zusammengekleisterte Songs und mag Musik doch lieber selbst machen. Auch wenn die bisherige Kundschaft Ronan Keating oder Atomic Kitten heißt und Jem Godfrey sicherlich einen gewissen finanziellen Grundstock verschaffte. Nun, von Bubblegum und Cola wird man nicht satt, manchmal darf es auch gerne ein feistes Steak sein. Und der Spieltrieb möchte auch befriedigt werden.
Also Progrock mit Betonung auf "Rock". Zusammen mit Andy Edwards und John Jowitt von IQ und nicht zuletzt John Mitchell (Arena, Kino). Hören wir da "Reißbrett!"-Rufe? Nein? Gut. Denn Frost sind genauso Reißbrett wie die erwähnten Kino. Nämlich genau gar nicht. Zumal inzestuöse Bandbeziehungen im Prog nicht unüblich sind. Motto: Spielst Du in meiner Band, spiel ich in Deiner Band. Doch genug gelästert, in der Piano-Lounge klimpern bereits die ersten Klänge des Openers "Hyperventilate". Und verdichten sich zu einem durchaus appetitlichen und erfreulich frickelarmen Instrumental. Schon mal nicht schlecht.
Und John Mitchell scheint mehr als nur ein bißchen Gitarrengeklimper beigesteuert zu haben. Denn bereits "No me, no you" entwickelt sich zu einem sehr feinen Breitwandrocker, der zwar bisweilen gefährlich in die Nähe von Kino rückt, doch größtenteils eher die Stadionrock-Fraktion der Marke Arena oder Asia bedient. Und das beileibe nicht schlecht. Und, irgendwie wenig überraschend, mächtig produziert. Jedoch an manchen Stellen die Schwelle zur Vokabel "überproduziert" hinter sich lassend.
Etwas Reißbrett muß dann doch noch sein. Was gehört nämlich zu einer "richtigen" Prog-Platte? Genau, der Halbstünder als krönender Abschluß. Oder Rausschmeißer, wie man möchte. Und hier zeigt sich die Erfahrung der Frickelhelden Edwards und Jowitt, die bei IQ bekannt für Dauerläufer sind. Man nehme also Gefrickel von IQ, die Grundstruktur eines besseren Spock's-Beard-Songs und die eigene Fähigkeit des guten Durchschüttelns - fertig ist ein durchaus kurzweiliger Titeltrack, dessen 26 Minuten überraschend schnell vorbei sind.
Doch nach einer Stunde bleibt ein flaues Gefühl. Eigentlich klingt alles wirklich gut und nett. Nur manchmal halt zu nett, mit jeder Menge Versatzstücken anderer Bands. Allzu selten läßt Jem Godfrey an den Tasten wirklich mal die Sau raus, ein bißchen zu oft merkt man Frost den Projekt-Charakter an. Zumal Godfrey singt wie ein erkälteter Neal Morse. Etwas weniger Politur, und Frost könnten die Prog-Szene ähnlich wie Kino bereichern. Denn abseits von Goldrand und Klarlack bewegen sich die Herren auf verdammt hohem Niveau. Und vielleicht schreibt Godfrey nach dieser Erfahrung mal Herrn Keating einen richtig räudigen Rocker auf den Leib. Wer weiß das schon?
Highlights & Tracklist
Highlights
- No me, no you
- Milliontown
Tracklist
- Hyperventilate
- No me, no you
- Snowman
- The other me
- Black light machine
- Milliontown
Referenzen
Spotify
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