Thursday - A city by the light divided
Sub City / Island / UniversalVÖ: 14.07.2006
Blitz und Donner
Der Mensch an sich, ja er kann ja schon ganz schön viel behaupten. Daß hinter Plattentests.de eine schizophrene Hobbytippse mit Profilneurose steckt. Daß Thursday nur eine weitere überbewertete Screamo-Band darstellen. Oder daß 30 Grad und Bude im Dachgeschoß einfach scheiße sind (da hat er vielleicht sogar recht). Aber laß den doch mal! Das ist vielleicht seine Meinung, Mann. Aber für alle, für die Thursday tatsächlich eine überbewertete Screamo-Band sind: Schleichen Sie bitte auf die Startseite zurück! Begeben Sie sich direkt dorthin! Ziehen Sie ihre Köpfe ein!
Gut, wären wir die auch schon wieder los. Es ist ja nun mal so, daß, genauer betrachtet, Thursday eigentlich auch nichts anderes sind, als ein paar Typen, die gute Musik machen. Um dem ganzen Mythos ("Die Göttlichen"! "Die Unvergleichlichen"!) gleich mal die Zähne zu ziehen. War das so geplant mit "Full collapse"? An dieser Stelle könnte man die Pathoskeule auspacken. Vom elektrifizierenden Gejammer Geoff Ricklys schreiben, der die Intensität eines jungen Robert Smith ins neue Jahrtausend transportierte. Ja gut, und nebenbei auch noch ein bißchen schrie. Aber bitte, muß das denn sein?
Es hat jedenfalls geklappt. Und jetzt hat man das hier vor sich liegen, ein neues Album, es ist mittlerweile das vierte. Kinders, wie die Zeit vergeht! "A city by the light divided" heißt es, wie eine logische Weiterführung dessen, was auf "Full collapse" und "War all the time" begonnen wurde, klingt es. Indes, der Düsternis des Vorgängers stellen Thursday auf dieser Platte ein bißchen Hoffnungsschimmer, ein bißchen mehr Wärme entgegen. Klar, Rickly jammert auch hier. "There was a sound that split all heavens apart", singt er und hat den Zug im Kopf, der über seinen einstigen Jugendfreund hinwegrollte. Und daß da tatsächlich mehr als nur Schwarz ist, mehr als auf "War all the time", das merkt so dann auch erst mal kein Schwein.
Aber da ist noch mehr an dieser sehr getragenen Nummer "Running from the rain", die übrigens eine der bemerkenswertesten ist, die Thursday je geschrieben haben. Dann nämlich, wenn sie sich im Refrain öffnet, Platz für eben jene Hoffnung macht und wenn Rickly ricklyt: "Oh I will be with you / Running from the rain / When it reaches the end of the line." Und alle Dämme brechen. Gleich zu vernehmen: Keyboarder Andrew Everding, der nicht nur hier dem Gesamtsound eine Note hinzufügt, die man so noch nicht von ihnen gehört hat.
Überhaupt sind es die Details, die aus einem guten Song einen sehr guten machen. Das Glockenspielchen, das ab Minute zwei von "Telegraph avenue kiss" kurz hereinlugt und von Geoffs Stimme und Paynes Straightforward-4/4-Standardbeat umschmeichelt wird. Der kurze Moment, in dem der walzereske "The lovesong winter" für einen Augenblick stillsteht, um dann in fortissimo über einen hinwegzurollen. "Sing for me, sing for me now", raunt es, immer und immer wieder. Einem Mantra gleich. Und gegurgelt wird zumindest hier und da auch: In "At this velocity", dem Knochenbrecher, der am Ende harmonisch die Kurve kratzt. Während dem Klimax von "Into the blinding light". Ansonsten gelingt auch zwischen der kompetenten Single "Counting 5-4-3-2-1" und betrübten, satten sieben Minuten "Autumn leaves revisited" sehr viel, wenn auch diesmal ein bißchen weniger als zuvor. Behaupten wir hier mal so.
Highlights & Tracklist
Highlights
- At this velocity
- Running from the rain
- Autumn leaves revisited
Tracklist
- The other side of the car crash / Over and out (of control)
- Counting 5-4-3-2-1
- Sugar in the sacrament
- At this velocity
- We will overcome
- Arc - lamps, signal flares, a shower of white (The light)
- Running from the rain
- Telegraph avenue kiss
- The lovesong writer
- Into the blinding light
- Autumn leaves revisited
Im Forum kommentieren
jo
2024-12-12 12:26:41
Ich finde das total überraschend. Habe ich außer bei euch noch nie von jemandem gehört, dass gerade das hier die Beste sein soll. Die war für mich nur ne weitere Variation von davor. Erst danach haben sie noch mehr freigedreht (ohne dass es jetzt unbedingt für ein "bestes Album" gereicht hätte - aber immer noch sehr stark; gerade das Letzte...).
Vivat Virtute
2024-12-11 17:40:07
Bin da bei Affengitarre. Auch wenn ich nur noch selten Bock auf Thursday habe: Das hier ist ihre Beste. Klasse Songs und perfekt passende Produktion.
Affengitarre
2024-12-11 17:00:06
Spannend. Die „War all the time“ ist für mich abgesehen vom Debüt ihr schwächstes Album, auch wenn es immer noch sehr gut ist.
jo
2024-12-11 16:36:44
Schon super stark - mein Favorit bleibt aber "War All the Time", knapp vor "Full Collapse".
Affengitarre
2024-12-11 16:30:25
Boah, was für ein fantastisches Album das einfach ist, bleibt wohl auch mein Lieblingsalbum der Band. Fridmann als Produzent passt hier perfekt, dieser clippende, fast auseinanderfallende Sound fängt die unfassbare Intensität der Songs ausgezeichnet ein. Das Ende von "Into the blinding light" bläst dann eh alles weg.
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