The Low Frequency In Stereo - The last temptation of The Low Frequency In Stereo Vol. 1
Rec 90 / CargoVÖ: 30.06.2006
Irgendwo im Nirgendwo
Bärtig, rauh, grob - so ist und lebt er. Seine Existenz fristet er in melancholischer Einsamkeit, in seiner Holzhütte in den tiefsten Wäldern, eingeschneit und gottverlassen. Tagsüber jagt und tötet er Wild mit der bloßen Hand, liest die Sterne der Nacht und wartet geduldig, bis der ewige Winter sein Ende findet. Konversation hat er selten. Gelacht hat er schon lange nicht mehr. Wenn dann das ständige Dunkel Abschied nimmt und der grelle nordische Sommer Einzug hält, klopft die Sonne an die vereisten Fensterscheiben und spottet: "Ich laß’ Dich nicht schlafen, Du depressiver, unrasierter Stoiker". Auf Norwegisch, versteht sich.
The Low Frequency in Stereo lebten bis vor kurzem in einem kleinen norwegischen Küstenstädtchen mit dem eindrucksvollen Namen Haugesund. Ihr Leben ist inzwischen weder mehr bärtig noch rauh noch grob. Eine Menge Achtung und Respekt haben sie sich mit ihren bisherigen zwei Alben erarbeiten können. Selbst Senior Editor David Fricke vom alterwürdigen amerikanischen Rolling Stone lobt sie in den höchsten Tönen: "They are the coolest rulers from Scandinavia!". Die smarte Band legte vor zwei Jahren mit ihrem Album "Travelling ants who got eaten by moskus" ihren Erfolgsgrundstein. Sie ließen Jefferson Airplane wieder aufleben und verbanden das Ganze mit naturbelassenem Post-Rock aus dem eigenen Wohnzimmer. Die Single "Man don't walk" wurde ein Hit.
"The last temptation of The Low Frequency In Stereo Vol.1" soll nun endgültig die norwegischen Wurzeln kicken. Das Cover sagt alles. Es geht aufwärts! Der erste Song "Big city lights" erinnert an Motorpsycho. Spätestens dann, wenn des Sängers Stimme einsetzt, muß man einfach an Hans Magnus Ryan denken. Die Orgel pfeift, die Bläser tiriliieren, die Gitarre knarrt. The Low Frequency In Stereo sind wenig interessiert an kontemplativer Neopsychadelica und greifen zu den Wurzeln. Zelebrieren und kopieren The Doors in "The Challenger". "21" und "Jimmy Legs" vertonen in tänzerischer Einlage einen Trip durch die groovin' and swingin' Sixties. Elitär, sexy und arrogant. Beide Songs sind nahe Verwandte und setzen auf treibende Langeweile. Integrieren Kim Gordon und spähen in Richtung Yeah Yeah Yeahs, um das junge Publikum zu wecken.
Der Titelsong verliert sich in zehnminütiger Endlosigkeit mit einem kurzen Ausflug ins Lager des mystifizierten Postrocks. Der Hall der Gitarre verebbt nicht, spielt sein Mantra. Stringente Percussions halten die Komposition am Boden, und für einen kurzen Moment ist der Rhythmus wichtiger als die bis ins Aschgraue verlaufende Gitarreneruption. Schlußlicht "Red flag" hält dagegen nichts mehr. Aufgesetzte, aggressive Coolness läßt The Low Frequency abheben.
Der bärtige, depressive Norweger befindet sich wieder in tiefster Nacht. Er liest die Sterne und sieht das Quartett aus Haugesund unkontrolliert vorbeirauschen. Man mag nur erahnen, was er denkt. Vielleicht, übersetzt: "Würde jeder Song auf 'The last temptation of The Low Frequency In Stereo Vol.1' so wie 'Axes' klingen – sie hätten sich nicht selbst verloren!". Ja, das wird es wohl sein.
"Axes": The Low Temptation In Stereo machen einen Ausflug nach Hoboken und fallen Yo La Tengo in die Arme. Zu Besuch auch Sonic Youth, die "Murray Street" auflegen. Die weiblichen Vocals schenken in ihrer poetischen Langsamkeit hymnische Elegie. "I want to be the microphone". Die Gitarrenlinien erobern höhere Sphären, verneigen sich in Zeitlupe vor Galaxie 500. Unser Norweger schüttelt den Kopf und spricht in die kühle Wildnis: "Was für eine großartige Single!" Er bekommt keine Antwort.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Axes
Tracklist
- Big city lights
- The challenger
- 21
- Jimmy Legs
- Axes
- Bahamas
- The last temptation of...The Low Frequency In Stereo
- Red flag
Im Forum kommentieren
90ty
2008-12-02 23:15:52
Grad eben in der Bahn seit langem noch einmal am Stück gehört. Meiner Meinung nach eine 8/10... Unterbewertete Band, sehr schöner Lo-Fi. Der Sound von "The last temptation of The Low Frequency In Stereo Vol. 1" ist grandios!
Oliver
2006-11-13 02:10:09
Low Frequency sollten bei Instrumentalsounds bleiben,es sei denn, sie suchen sich einen passenden Sänger.Mit dem Gesang der Keyboarderin klingt das ganze doch ziemlich gewöhnlich und austauschbar.5/10 gehen in Ordnung, wirklich gut ist das Titelstück und eventuell noch Bahamas.Ich greif derweilen auf Stücke wie Hazlewood oder Die Electro Voice zurück
Susu
2006-11-12 21:51:54
"Jimmy Legs" rockt ja wohl auch derbst...
Susu
2006-09-11 16:58:28
Nicht wirklich anspruchsvoll, aber äußerst unterhaltsam. Durch Zufall im CD-Laden entdeckt (kannte weder die Band noch die Rezi), reingehört, gekauft. :-)
Konsum
2006-07-07 13:05:07
Hihi, sorum hab ich dsa ja noch nie erlebt ...
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