Sol Seppy - The bells of 1 2
Grönland / Rough TradeVÖ: 07.07.2006
In die Luft
Sophie Michalitsianos nennt sich Sol Seppy. Sie hat ein Leben als Nomadin geführt. In England geboren, führte ihr Weg in jungen Jahren über Australien, Griechenland, über andere europäische Länder wieder nach Australien, wo sie am "Syndey Conversation of music" Komposition und Orchester studierte. Dem Interesse einer australischen Großplattenfirma, sie der zählbaren Verkaufsstatistik zum Fraß vorzuwerfen, setzte sie selbst Grenzen und schlug Angebot für Angebot aus. Mit 23 Jahren zog es sie in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ihr erster Ansprechpartner dort war niemand anderes als Mark Linkous alias Sparklehorse, der inzwischen von der Bildfläche verschwunden zu sein scheint. An dessen beiden Meisterwerken "Good morning spider" und "It’s a wonderful life" war sie beteiligt.
"The bells of 1 2" ist ihr erster Versuch in eigener Regie. Die Zeit der Fertigstellung wurde zu einer Suche nach dem Ansatzpunkt. Wie sich zeigte, liegt die Quelle der Inspiration nicht immer in positiven Begebenheiten, sie weiß sich auch in der Zerstörung zu finden. Sophie Michalitsianos konnte ihre Kreativität und Ideen erst zu Papier und zuende bringen, als die stille Nacht von Krach und expressiver Lautmalerei unterbrochen wurde. Ihr Studio, ihr Haus, ihr Equipment explodierten. Nicht im metaphorischen Sinne. Keine tiefsinnige Studie des menschlichen Innenlebens, das sich plötzlich von innen nach außen kehrt. Bääng, Booom, Kawoom! Das Studio, jeder Song und jede Note verfielen vom festen Baustein zu Asche und Staub.
Verschwommene Linien und die Auslegung auf einzelne Töne und Momente lassen "The bells of 1 2" als ein introspektives Gemälde erscheinen, das sich in wenigen Momenten unnötigerweise an den Früchten der Eels und ihrem Förderer Mark Linkous nährt. Sol Seppys Können liegt in der introvertierten, stillen Betrachtung, nicht im ausufernden Pop. Sie verneigt sich vor der Menschlichkeit, vor Freundschaft und Liebe. "Hello my name is human, and I come from love." Mit allem Feingefühl und unterdrückter Aggressivität gewährt sie Einblick in gezeichnete Seelen. Kein Predigen, kein Fordern. Ihre Lyrik spiegelt den Menschen in allen Selbstzweifeln und Selbsthaß wieder. Sie malt Bilder von zerbrechlicher Schönheit und trauriger Hoffnung, die niemals dramatisieren, verzerren oder zur Schau stellen.
Den Weg zur letztlichen Fertigstellung des Albums bestritt sie alleine. Niemand sollte ihrem Gefühl für die minimalistische Komposition und der Inspiration für Klang und Melodie von Pianisten wie Eric Satie und Claude Debussy im Wege stehen. "The bells of 1 2" verleitet zu nostalgischer Stille und Reflexion. Es verlangsamt die Abläufe mit Sol Seppys glockenheller Stimme und ihren todtraurigen und feinfühligen Fragmenten. Szenen und Gedanken schießen durch das Kleinhirn, gönnen Zeit und unmittelbarer Gegenwart eine Pause und lassen vergessen, daß der Zeiger der Uhr seiner gewohnten Schnelligkeit nachgeht. Die Vergangenheit spielt sich in den Vordergrund, rotiert und entschwindet. Die Wucht der Zerstörung hat ein eindrucksvolles Debüt geschaffen. Vorbei an den Fenstern streift der kühle Wind, der weiter zu den Bäumen zieht, sie in ihrer Trägheit belebt. Grashalme beugen sich, Ampeln halten ihr rote Tönung, Regen wäscht die Straßen rein. Nichts anderes ist zu hören als der einzelne Ton, der so tief berührt und innehalten läßt. Ein Standbild in Takt und Empathie.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Human
- Injoy
- Answer to the name of
Tracklist
- 1 2
- Human
- Come running
- Move
- Gold
- Injoy
- Slo fuzz
- Loves Boy
- Farewell your heart
- Answer to the name of
- Wonderland
- Enter one
Referenzen
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- Sol Seppy (5 Beiträge / Letzter am 26.09.2019 - 18:54 Uhr)