Aberfeldy - Do whatever turns you on
Sanctuary / Rough TradeVÖ: 23.06.2006
Zuckerwatte
In einer Welt der Träume, ohne Grenzen und Satzungen, wären Aberfeldy keine Musikcombo. Die Schotten aus Edinburgh gäben sich selbst Märchengestalt. Sie würden sich einpacken in Watte und Zucker und sich von Frau Holle, der Guten, in Kissen eingemümmelt zur Erde nieder schneien lassen. Schau an, diese unterkühlte Welt mit ihrem traurigen Wirklichkeitssinn. Schottische Lieblichkeit wird Dich bedecken und vom Schicksal der Vergänglichkeit befreien. Was wollen sie uns einbläuen? "Young forever" mit dem Debüt? "Do whatever turns you on" jetzt? Ach, wie süß. Dürfen wir das? Geht das? Laßt uns alle an den Händen festhalten, wir tanzen, springen und vergnügen uns aufs Zärtlichste. Heute darf es keine Verbote geben. Einen Tag wollen wir absolute Freiheit genießen. Ewige Jugend. Durch Gräser und Länder streifen. Löwen beim Liebemachen zuschauen. Die schottischen Gefühlsharmonien genießen, bevor sie dahinschmelzen.
Der Band um Sänger und Songschreiber Riley Briggs, die sich aus nicht bekannten Gründen nach dem kleinen, schottischen Kurort Aberfeldy benannt hat, ist vor zwei Jahren ein kleiner Schatz gelungen. Durchsetzt mit träumerischen Elementen, überzuckert und eingängig, schuf der Frontmann in Zusammenarbeit mit Ian Stoddart, Ken McIntosh, und seinen beiden choralen Konkubinen Ruth Barrie und Sarah McFadyen das zuckersüße Debüt "Young forever", inklusive ihrem Wunderwerk "Vegetarian Restaurant". Vergleiche mit Belle & Sebastian waren fast die logische Folge. Trotz aller transparenten Melodien war "Young forever" weit entfernt von Radiokompatibilität. Denn Glockenspiel, Violine, eine hypnotische Mandoline und folkloristische Rhythmik in Verbindung mit dem Experiment in kleinem Rahmen ließen immer noch die Unterstellung von Anspruch und Wahrhaftigkeit zu.
Ihr Zweitling "Do whatever turns you on" trägt nun, mit stolz geschwellter Brust, einen ähnlich infantilen Titel. Aber bevor ein Song gehört ist, will man ihnen das Charakteristikum der Naivität als neue Kunstform zusprechen. "Someone like you", erster Song auf "Do whatever turns you on", bestätigt die Theorie. Die Mandoline zirpt, der zweiköpfige Frauenchor hebt an, und die Harmonie hält wieder Einzug. Die Synthesizer agieren als liebliche Parodie auf die Achtziger und auf sich selbst. Clever. Es herrscht Einigkeit. Das ist Kunst und muß Kunst sein. Sie rollt der Eingängigkeit einen Teppich aus und schnürt sie damit ein.
Plötzlich: unvermittelte Erschütterungen im Märchenreich! Mike & The Mechanics kämpfen sich durch das Labyrinth der Folklore. Diese Allianz der Achtziger ist leider keine Phantasterei, sondern bittere Wahrheit. Die späten Genesis, Charles & Eddie, auch die Simple Minds und Artverwandte folgen auf dem Fuße. Die jungen Recken aus Edinburgh bemühen sich redlich, diese nicht zum Zuge kommen zu lassen. Was ist los? Die Schlacht tobt. Synthesizer nehmen immer mehr Gestalt an. Formieren sich zur Achse des Bösen. Versuche der Übernahme ab Komposition Zwei bis zum letzten Fetzen von "Turn me towards the light" scheinen möglich. Alternativen im Gewand des Stadionrock, wie in "Need to know" zu hören, greifen in die Belanglosigkeit. Textzeilen entspringen geistiger Benommenheit: "I need someone like you, I do / I know my heart is true." Ab und an, wie in "Whatever turns you on" oder "Poetry", blitzt ihr Schalk im Nacken auf, und man möchte eingreifen und helfen, dies zu verstärken. Man möchte Aberfeldy so "Young forever" machen wie damals 2004. Benommenheit aber auch auf Seiten des Hörers, der nicht fassen kann, was hier geschehen ist.
Zuletzt: Rückzug, Aufgabe. Das verhallende "Up tight", in dem Paul Carrack und Charles & Eddie das Ruder an sich gerissen haben, zwingen in die Knie. Die Infiltration ist gelungen. Die ehrliche Haut Frau Holle läßt Botschaften auf die Erde nieder segeln. Was ist darauf zu lesen? Eine Tourinfo. Aberfeldy supporten James Blunt. Ein Affront. Alles war von langer Hand vorbereitet! Pah! "Somenone like you" steht da als ein Lockmittel. Der Zucker kocht. Karamell klebt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Someone like you
Tracklist
- Someone like you
- Hypnotised
- There you go
- Up tight
- All true trendies
- Poetry
- 1970's
- Never give up
- Need to know
- Whatever turns you on
- Let down
- Turn me towards the light
Im Forum kommentieren
Gordon Fraser
2010-08-22 14:30:32
Schon seeeeehr cheesy, aber trotzdem gut. 7/10
Theresia kaiser
2006-07-28 17:32:07
ich war bei dem james blunt konzert und aberfeldys war auch da und ich muss sagen:toll. was total anderes als james(war klar) aber: wirklich gute musik.
Armin
2006-06-09 14:05:59
Die schottischen ABERFELDY beschreiben ihre Musik mit nicht weniger als
,Falling in love - Sich verlieben'. Eine gleichermaßen selbstbewusste wie
sympathische Einschätzung, die auf jeden Fall neugierig macht. Und
tatsächlich finden die leicht romantischen Popsongs - musikalisch im Stile
von Belle & Sebastian oder Beautiful South - schnell ihren Weg ins Ohr, um
sich's dort richtig gemütlich zu machen. Auch die Texte von Sänger und
Songschreiber Riley Briggs drehen sich fast nur um die Liebe mit all ihren
Facetten. Am 23. Juni erscheint ihr zweites Album DO WHATEVER TURNS YOU ON.
Als Produzent konnten sie Calum Malcolm verpflichten, der schon für Orange
Juice, Blue Nile und Prefab Sprout verantwortlich zeichnete.
Charakteristisch für den Sound Aberfeldys sind die sehr eingängigen und
seelenvollen Gesangsharmonien von Riley Briggs und seinen Mitstreiterinnen
Ruth Barrie und Sarah McFadyen, wie z.B. im etwas rockigeren "Hypnotised".
Aberfeldy sind eine Band in der Tradition großen schottischen Pops, mit der
in jedem Fall noch zu rechnen ist. Gerade wurden zwei Live Termine mit James
Blunt bestätigt:
07.07. WORLD OF FOOTBALL adidas Arena - Berlin
15.07. DREILÄNDERGARTEN - Weil am Rhein
(www.fkpscorpio.com)
Roddy Woomble
2004-10-04 18:57:25
Habe das "Young Forever"-Album heute gekauft. Klingt tatsächlich ein bißchen wie Belle & Sebastian, sehr leichtfüßig, sehr harmonisch, melodisch und eingängig. Zum Einsatz kommen auch Glockenspiel und Geige, die Gesangsstimme ist etwas gewöhnungsbedürftig (nach ca. zwei Songs ist das aber schon kein Problem mehr) und der weibliche Backgroundgesang ist einfach klasse. So richtige Übersongs habe ich nach zweimaligem Hören noch nicht ausgemacht, dafür schwächelt die Platte aber auch an keiner Stelle. Ich kann das Album durchaus empfehlen.
drops
2004-10-03 23:25:58
Kennt die jemand? Gibts ne Review? Platte ist vor kurzem rausgekommen. Habe gelesen sie kommen aus Schottland, sind auf dem Rough Trade Label, ähneln teilweise Belle and Sebastian. Für mich hört sich das interessant an.
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Referenzen
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