Head Automatica - Popaganda

Warner / Inkubator / Soulfood
VÖ: 23.06.2006
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Roggenroll

Für Popmusik haben wir hier keinen Platz. Das ganze Geschäft erledigen wir mit einem kräftigen Arschtritt. Sollen sich doch die Kollegen vom Musikexpress mit den weichlichen Ergüssen der Musikindustrie herumplagen. Denn wir wissen: Nur die Harten kommen in den Garten. Anno 2006 wird nun alles ad absurdum geführt. Wir werden Zeuge unserer eigenen Seelenwanderung. Denn wer konnte schon damit rechnen, daß die Strukturwüteriche um Glassjaw mal mit Radioformat und Hausaufgabensoundtrack in Verbindung gebracht werden könnten? Eben. Und deshalb hier und jetzt: Eine "Popaganda", funktionsfähig auch ohne Minister, Rednerpult und Polemik.

Die Überraschung war groß, als Daryl Palumbo, die Stimme Glassjaws, mit seinem Nebenprojekt Head Automatica und dessen Debütalbum "Decadence" 2004 um die Ecke stach. Noch dazu mit Schlitzohr und Gorillaz-Akteur Dan "The Automator" Nakamura im Gepäck, den man eher als elektronischen Hitfabrikaten kannte. Und als das Ergebnis keinesfalls krachorientierte Selbstzerstörung, sondern tanzbaren Disko-Rock mit sich führte, schlug man aus der Irritation Kapital und versuchte sich neben emotionaler Zurückhaltung auch an der Melodie- und Tanzbeinführung. Welche Auswirkungen Daryl Palumbos Schäferstündchen auf die Geschichte von Glassjaw haben sollte, ist bislang noch immer nicht geklärt. Die Geschichte von Head Automatica wird offensichtlich weiter geschrieben.

Anstelle von Dan Nakamura sitzt bei dem zweiten Streich nun Howard Benson an den Reglern, welcher sich neben der Arbeit mit My Chemical Romance unter anderem auch für den Erfolg von P.O.D. oder Hoobastank verantwortlich zeigt. Konsequenterweise ist es von hier nur ein kleiner Schritt bis zu "Popaganda". Einem Werk voller spritziger Sommermusik, mit fester Band im Hintergrund und Weezer-Setliste in der Hinterhand. Ein Werk, das niemandem Angst einflößen, aber dafür Liebhaber der ersten Head-Automatica-Platte aufs Gröbste verschrecken wird. Palumbo sieht das fertiggestellte Album als ein Resultat des Elvis-Costello-Einflusses sowie seiner Zuneigung zu dem britischem Punk der 70er Jahre. Und genau damit haben wir so unsere Probleme.

Denn ob dies tatsächlich der Leitfaden für "Popaganda" ist, bleibt fraglich. Locker, seicht und unbetrübt tänzelt zunächst der Opener "Graduation day" dem Sommer entgegen und nimmt gleich sämtliche bewegungsfähige Extremitäten in Gefangenschaft. Daryl Palumbo singt mit herzlicher und melodischer Stimme von Schülerproblemen. Richtig gelesen. Und wir nehmen es gleich vorweg: Das pubertierende Motiv zieht sich durch einen Großteil der Texte. Nun gut. Bleibt noch die Musik. Und die ist catchy, heiter und nicht ganz so aalglatt, wie man es sich zunächst vielleicht vorstellen mag. Aber doch ziemlich.

Besagtes "Graduation day", das zappelnde "Nowhere fast", die rockige Reinkarnation namens "God" oder das Wohlfühlkommando "She's not it" verdrängen mit leuchtender Beschwingtheit die Junidepressionen und riechen obendrein noch so gut wie frisch aufgetragene Kokosnußsonnenmilch. Auch das immer wieder auftauchende "Beating heart baby", verfügbar als waschechter Bonus Track, klingt noch immer luftig und locker wie beim ersten Hören. Fast möchte man ausrufen: "Ein Spaß für die ganze Familie!" Doch sitzt uns die Überraschung noch so sehr im Nacken, daß wir erstmal nicht zum Ausrufen in der Lage sind. Und unser Rechtsanwalt klärt zur Zeit noch, ob Vergleiche mit den früheren Blink 182 strafbar sind. Falls nicht, würden wir diese hier nämlich noch einfügen. Dann könnten wir uns endgültig von der Idee trennen, Elvis Costello in dieser Rezension zu erwähnen.

(Christian Preußer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Graduation day
  • God
  • She's not it

Tracklist

  1. Graduation day
  2. Laughing at you
  3. Lying through your teeth
  4. Nowhere fast
  5. Scandalous
  6. Curious
  7. God
  8. Shot in the back ( the platypus)
  9. Million Dollar decision
  10. She's not it
  11. Egyptian musk
  12. Cannibal girl
  13. K horse
  14. Bonus Track: Beating heart baby
Gesamtspielzeit: 49:30 min

Im Forum kommentieren

Armin

2007-04-25 20:04:02

HEAD AUTOMATICA

06.06. Stuttgart – Die Röhre
07.07. Bochum – Zeche

Milo

2007-03-24 19:34:55

Hehe, Winnie ;)

Winnie

2007-03-24 19:24:33

Da gebe ich dem Strombuli vollkommen recht. =)

Eigentlich ein Hammer Line-Up bei der Tour. Herrje, wie toll nur das Line-Up erst wäre, hätten alle Bands erst ihr Debut veröffentlicht. ^^

Strombuli

2007-03-24 16:28:35

Wawaweeewa, hätte gar nicht gedacht dass die hier auf soviel Gegenliebe stoßen. Wieso sind euch dann die Lostprophets zu peinlich? hör ich mir 10 mal lieber an, ob die sich jetzt zum Pop bekennen oder nicht ist doch piepe

Khanatist

2007-03-23 18:00:49

Da habt ihr eure Tour mit The Used:

VISIONS präsentiert:
The Used
Head Automatica
Funeral For A Friend
03.06. Berlin - Postbahnhof
05.06. Hamburg - Große Freiheit
19.06. Köln - E-Werk

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