Linkin Park - Hybrid theory

WEA
VÖ: 05.02.2001
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die fehlende Verbindung

In letzter Zeit war es mit der Überwindung des großen Teichs immer so eine Sache. Wenn in den Staaten einmal mehr vom neuen Stern am Rock-Himmel die Rede war, so fand diese Kunde meist schneller den Weg über den Atlantik als der dazugehörige Tonträger. Ganz gleich, ob das Objekt der Begierde nun Papa Roach, 3 Doors Down, OPM oder Jimmy Eat World hieß, das Spielchen war immer dasselbe: Während die Band in den USA für Furore sorgte, zauderte die Plattenfirma hierzulande wochen- und monatelang aus angeblichen Marketinggründen, die Platte auf den Markt zu werfen. Folglich wurde das Importregal der großen Tonträgerketten in Zweierreihen bestückt und die hinlänglich bekannten MP3-Tauschportale liefen heiß. Als es dann endlich so weit war und die Platte offiziell das Licht der alten Welt erblickte, stieg sie meistens pünktlich zur Deutschland-Tour der Band in vorderste Chartsregionen ein und gab den Marketing-Experten recht. So traurig diese Praxis auch für den gemeinen deutschen Musikfan sein mag, bei Linkin Park erreichte das Aufsehen im Vorfeld einen neuen Höhepunkt. Was also steckt wirklich hinter dem Debüt der fünf Newcomer aus Los Angeles, das in den letzten Wochen liebevoll auf CDR gebrannt unter den Schultischen Höchstpreise erzielte?

Die Fusion von Rock und Hip-Hop wie auch ein Wechselspiel zwischen Laut und Leise bedeuten wahrlich nicht mehr die Neuerfindung des Rads. Von Trittbrettfahrern oder gar Plagiatoren jedoch kann bei Linkin Park jedoch keineswegs die Rede sein, was schon ein Blick auf das Line-Up klarmacht. Anstatt einen einzigen Frontmann zu beschäftigen, dessen Stimme unter den unabdingbaren Stimmungswechseln zusammenbricht, teilen sich bei Linkin Park gleich zwei Vokalisten diesen Posten. Während Mike Shinoda die harten und dennoch selten aufdringlichen Rap- und Schreipassagen beisteuert, besticht Chester Bennington mit einer außergewöhnlichen, glasklaren Engelsstimme.

Bei "In the end" übernimmt ausgerechnet ein hauchzartes Piano, das ähnlich orientierte Kollegen als Instrument gewöhnlich scheuen wie der Teufel das Weihwasser, die tragende Rolle. Shinoda und Bennington philosophieren über die Geißel der Zeit, die Beziehungen zerstören, Wunden heilen oder noch tiefer werden lassen kann. Wie viele andere angesagte Bands bringen Linkin Park auf den Punkt, was Millionen Heranwachsende zu denken und zu fühlen scheinen, verzichten dabei darauf, sich und ihr eigenes Profil in absehbaren Peinlichkeiten zu verlieren.

Die erste Single "One step closer" vereint die ungezügelte Energie von "New noise" von Refused mit dem Druck der Korn-Klassiker zu einem mitreißenden, gerade mal zweieinhalb Minuten langen Manifest, das uns länger durch die Rock-Discos begleiten könnte als jedes "Last resort" dieser Welt. Daß Linkin Park die dadurch unglaublich hoch gelegte Latte nicht ganz über alle 12 Tracks halten können, ist für den blutjungen Fünfer vollkommen verzeihlich. Doch gerade, wenn Linkin Park wie im Falle von "Crawling" und "Runaway" Gefahr laufen, zwei ähnliche Tracks aneinanderzureihen oder zum Auftakt von "Forgotten" plötzlich Fred Durst um die Ecke zu schielen droht, kriegen sie die Kurve und blasen einem unerhoffte Überraschungen um die Ohren. Das Instrumental "Cure for the itch" oder auch "Points of authority" bestätigen, daß die Band auch ihre Lektionen in den Fächern 'elektronische Musik' und 'Industrial' gelernt und dabei gleich zwei Klassen auf einmal übersprungen haben muß.

Trotz allem Gegenwind, mit dem die Newcomer von Anfang an zu kämpfen hatten, legen Linkin Park auf "Hybrid theory" eine unerwartete Authentizität an den Tag und blicken den Schwierigkeiten ins Auge: "I found bliss and ignorance / Everything you say to me takes me one step closer to the edge / And I'm about to break" - selten drohten die Gefühle schneller zu kippen, lagen Extreme so nahe beieinander. "Hybrid theory" sprengt die Grenzen des New Metal, bevor diese überhaupt klar gezogen werden konnten. In einem Strudel der Emotionen mit einer Sammelstelle für Aufs und Abs vollbringen Linkin Park perfekt konstruierte Rockmusik fürs neue Jahrtausend. Viel Hype und nichts dahinter? Nicht in diesem Fall.

(Armin Linder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Papercut
  • One step closer
  • In the end

Tracklist

  1. Papercut
  2. One step closer
  3. With you
  4. Points of authority
  5. Crawling
  6. Runaway
  7. By myself
  8. In the end
  9. A place for my head
  10. Forgotten
  11. Cure for the itch
  12. Pushing me away
Gesamtspielzeit: 37:46 min

Im Forum kommentieren

Felix H

2024-04-15 21:05:53

Direkt danach kam im Autoplay "The Beautiful People", passt perfekt.

Äh, nein. Und Linkin Park kann ich mir eher noch anhören als Marilyn Manson, der Grund dafür ist Marilyn Manson.
Linkin Park waren Pop, der als Emo-Rock gespielt wird, das war die Stärke von "Hybrid Theory". Das Ding hat Hooks ohne Ende und verschwendet auch keine Zeit. Effektiv, effizient.

Z4

2024-04-15 20:38:04

Gerade wieder gehört, ist schon ganz ok. Direkt danach kam im Autoplay "The Beautiful People", passt perfekt. Link Park ist The Beautiful People als Band, mehr Ideen haben sie leider nicht.

Z4

2024-04-15 19:44:22

"Während Mike Shinoda die harten und dennoch selten aufdringlichen Rap- und Schreipassagen beisteuert, besticht Chester Bennington mit einer außergewöhnlichen, glasklaren Engelsstimme."

Immer noch falsch.

Zudem schreibt Armin zweimal "daß" und einmal "muß", und das 5 Jahre nach der Rechtschreibreform >:(

Gomes21

2021-02-05 09:56:16

Ich hab das damals rauf und runter gehört, LP zeitweise geliebt, aber ich kann mir das wirklich nicht mehr geben. Ist vielleicht nicht so schlecht gealtert wie andere Alben aus der Zeit, aber - und ich bin schon fast verwundert wie stark ich das empfinde - das geht gar nicht mehr. Spennender Exkurs, ich hab überhaupt gar nicht gegen die Band oder ihre Entwicklung, aber sie sind mir scheinbar völlig entglitten.

Francois

2021-02-05 09:19:24

20 Jahre Hybrid Theory. Immer noch ein Meilenstein.

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