Sondre Lerche And The Faces Down Quartet - Duper sessions
Labels / Virgin / EMIVÖ: 15.04.2006
Spieltrieb
Manch anderer wäre ja vermutlich komplett ausgerastet und anschließend in eine deftige Kreativitätskrise geschlingert. Sondre Lerche - immer noch keine fünfundzwanzig, dafür nach wie vor Karl-Lagerfeld-hager und mittlerweile auch Ehemann einer Model-Elfe - wollte letztes Jahr sein drittes Album aufnehmen. Allerdings sollte sich das Vorhaben aufgrund widriger Umstände um ganze sechs Monate verschieben. Und dabei plante der Norweger doch eigentlich, nach "Two way monologue" und dessen zauberhaft zierlichem Folk mit swingendem Unterton und souverän kolorierten Referenzen ein Rock-Album aufnehmen. Richtig gelesen: Richard Olaf Cäsar Kaufmann. Rock.
Weil Warten aber nun mal ungefähr so rock'n'rollig ist, wie eine Hose mit Bügelfalte, wurden die ärgerlichen Umstände kurzerhand zum Flexibilitätsbeweis genutzt und einfach ein anderer Plan geschmiedet: Spontan bestellte Herr Lerche sein langjähriges Backingband-Trio "The Faces Down", das mit Pianist Erik Halvorsen zum Quartett erweitert wurde, in das "Duper Studio" zu Bergen, um die ursprünglich für das Rockalbum vorgesehenen Stücke in schlanke, klassisch jazz-poppige Arrangements zu kleiden. Und vor allem: um einfach intuitiv draufloszuspielen.
Das Resultat der "Duper sessions" besteht aus dreizehn Songs, die kein Gramm Fett zu viel haben und ebenso punktgenau wie wohltemperiert serviert werden. Zehn davon sind Eigenkompositionen - das charmante "Everyone's rooting for you" schrieb Sondre Lerche sogar noch schnell in der Nacht vor Beginn der Sessions. Auch zwei Standards wurden neu interpretiert, das konnte sich der Jazzfan selbstverständlich nicht verkneifen: Cole Porters "Night and day" wird nur von einer aufmüpfigen E-Gitarre begleitet und "The more I see you" - bekannt geworden durch die Aufnahmen von Nina Simone und Nat King Cole - erhält einen sanften Pianoanstrich. Und dann ist da noch "Nightingales", geschrieben von Paddy McAloon (Prefab Sprout), in einer gelungenen Achtziger-Jahre-Ballast-freien Barmusik-Version.
Auch wenn Sondre Lerche bei diesen Neuinterpretationen wirklich alles richtig macht, sind seine eigenen Songs dann doch die interessanteren: Da wäre das melodisch verspielte "Minor detail", die schwungvolle Expedition "Across the land", das in Richtung Rockabilly schielende "The curse of being in love" und die spätnächtliche Pedal-Steel-Romanze "Dead end mystery". Während "Once in a while" eine erstklassige Tim-Burton-Film-Atmosphäre kreiert, schlägt "(You knocked me) Off my feet" den Bogen von schüchternen Piano-Avancen zu einer lüstern umgarnenden Gitarre, bleibt dabei aber natürlich stets Gentleman. "(I wanna) Call it love" hingegen flirtet mit einem musicalhaften, streicherunterstützten Arrangement.
Abschließend beweisen "I'm not from here" und "You sure look swell" sympathisch-relaxt und mit einem bemerkenswerten harmonischen Instinkt, wie gut es doch manchmal sein kann, daß nicht immer alles so klappt, wie es soll. Auch wenn man ja schon irgendwie gerne wüßte, wie so ein hochbegabter Kerl das weite Feld "Rock" bestellt hätte. Vielleicht gibt das nächste Album Antworten - bis dahin sollten allerdings die "Duper sessions" erstmal gebührend gefeiert und reichlich Lob ausgeschenkt werden. Auf Sondre Lerche! Und auf Julius Anton Zacharias Zacharias natürlich auch.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Everyone's rooting for you
- Minor detail
- Dead end mystery
- (You knocked me) Off my feet
Tracklist
- Everyone's rooting for you
- Minor detail
- Across the land
- The curse of being in love
- Dead end mystery
- Night and day
- Once in a while
- The more I see you
- (You knocked me) Off my feet
- (I wanna) Call it love
- Nightingales
- I'm not from here
- You sure look swell
Im Forum kommentieren
Patte
2006-10-13 18:08:13
Mich hat damals das extrem coole Video/Lied "Sleep on needles" auf der intro-DVD gefläscht.
Da muss ich dann wohl mal in das neue reinhören.
Obrac
2006-10-13 16:08:40
Ich bin gerade voll auf "Minor Detail".
Bär
2006-10-13 16:07:44
Von der find ich Night and Day ja so toll.
Obrac
2006-10-13 15:51:34
Jazzig? Joa.. und sehr swingig. Ich finds auf Anhieb besser als den Vorgänger. Reisst mich richtig mit. Ich bin jedenfalls äußerst positiv überrascht. Den Rest wird die Zukunft zeigen.
Deaf
2006-10-13 15:35:29
Plattentests hat immer recht, merk dir das bitte! ;-)
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- Sondre Lerche And The Faces Down Quartet - Duper sessions (10 Beiträge / Letzter am 13.10.2006 - 18:08 Uhr)