Cosmic Casino - Ballads for bastards
Sticksister / IndigoVÖ: 05.05.2006
Freistaat
Man hat sie irgendwie lieb, die Leute aus dem Freistaat Bayern. Putzig sehen sie aus, mit ihren lustigen Schnauzbärten und den ledernen Hosen. Wie sie sich munter die Oberschenkel blauplattlern und dabei das eine oder andere Weißbier kippen. Man schmunzelt und ist sich sicher, daß die Würstchen in Bayern ganz anders schmecken müssen als im übrigen Deutschland. Aber bloß immer dran denken: "Mir san mir!" Irgendwie süß, diese zwanghaft gewollte Isolation. Bevor sich nun hier aber die Leserbriefe stapeln, wird es Zeit, die Kurve zu kriegen: Erstaunlicher, wie viele Bands den Weg über die Grenzen hinaus in die Weiten der Republik wagen. Cosmic Casino haben es bereits 2005 versucht. So richtig gepackt hat es deren Werk "Be kind & be cause" national allerdings nicht. Mit dem offiziellen Zweitwerk "Ballads for bastards" wird es nun eher noch schwerer, Fuß zu fassen.
Krach. Vertrackte Indiefrickelei. Riecht ein wenig nach Sonic Youth und ist sicherlich auch gut gemeint. Doch der Startschuß "The phone" zündet leider alles andere als ein Seelenfeuer. Trockene Rhythmik, stumpfe Akkordakrobatik, rauher Gesang. Gefälliges Einerlei der postmodernen Rockmusik. Frei nach Schema F geht es auch bis zu "Stealing cars for Henry", Startnummer sieben, weiter. Hier wird der Trumpf der Melancholie das erste Mal ausgespielt. Er sticht sofort. Eine träumerische Strophe mit wippendem Refrain.
Der Überraschungsmoment ebbt jedoch bald wieder ab. Die zweite Hälfte der Platte könnte auch die erste sein. Oder umgekehrt. Oder beliebig umgestellt. Die Schlußnummer und verliebte Hommage an den Stern Süddeutschlands, München, darf man getrost als Highlight bezeichnen. Süße Streicher finden sich auf Mollstimmung wieder. Richard Goerlich haucht rührend seinen Text ins Mikrophon und läßt den Ausklang der Platte kribbelnd geschehen.
Cosmic Casino spielen ihren geraden Indierock auf den Punkt und wissen, welche Stilmittel die Herzen der chucks- und cordhosentragenden Mädels aus der ersten Reihe höher schlagen lassen. Doch auf Platte wirkt das ganze eher gezwungen als frei aufgespielt. "Ballads for bastards" hat von allem genau so viel, daß es für den Durchschnitt reicht. Was im Regelfall alles andere als ein Kompliment ist. Doch ist der eingeschlagene Weg der Band etwa so breit wie der Ärmelkanal. Um da vorneweg schwimmen zu können, hätte man vor zehn Jahren debütieren und drogensüchtig wie schizophren durch die Welt irren müssen. Zum Glück stehen Cosmic Casino mit beiden Beinen auf der Erde. Genau wie deren Musik. In dieser Zeit heißt das Attribut daher leider "unspektakulär". Da schmeckt die heimische Kresse aufregender.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Stealing cars for Henry
- This is Munich
Tracklist
- The phone
- The 31st year
- The rematch
- Shopping life
- Transatlantic love
- Working girl
- Stealing cars for Henry
- Heartache, have a seat
- Well-intentioned man, you are my enemy
- Black sheep man
- This is Munich