
Young People - All at once
Too Pure / Beggars / IndigoVÖ: 21.04.2006
Uh huh them
Das Schöne an Musik ist ja, daß man im Prinzip nichts falsch machen kann. Oder genauer gesagt: Wenn man doch mal was falsch macht, gibt es immer noch die Möglichkeit, sich ganz prima herauszureden. War schließlich alles Absicht. Der Drumsound von "St. Anger"? Conor Obersts Gesang auf "Fevers and mirrors"? Die letzte Weezer-Platte? Wir verstehen uns. Fehler gehören zur Musik, so wie sie ins erste Diktat eines Legasthenikers gehören. Und was die Quasi-Rockband Young People aus Los Angeles angeht, ist es deshalb auch völlig okay, daß sich ihr drittes Album anhört, als wäre es in einem Rutsch eingespielt worden. Ohne Tricks, ohne Nachbearbeitung. "All at once".
Wenn das Klavier rennt, bleibt die Percussion stehen. Wenn die Orgel brummt, applaudieren zaghafte Handclaps am richtigen Taktmaß vorbei. Und wenn Katie Eastburn singt, fallen schwarze Vögel vom Himmel. Oder PJ Harvey schreckt zumindest mal schweißgebadet aus ihrer Nachtruhe hoch, weil sie Scout Niblett eine E-Mail schicken muß. Zwischendurch klingen die Instrumente hier auch gerne, als würden sie gar nicht zum gleichen Song gehören, wären wahllos aus den einzelnen Tracks herausgerissen und neu zusammengepuzzlet worden. Aber wenn man die Geschichte hinter dieser vermeintlich widersinnigen und noch dazu sehr trostlosen LoFi-Musik erstmal gehört, ergibt das alles fast schon einen Sinn. Man hatte es ja geahnt, insgeheim.
Nach zwei Platten in zwei Jahren waren Young People Anfang 2003 gemeinsam nach New York gekommen, um zu arbeiten. Neue Songs, Konzerte, Geld verdienen. Es muß eine schwere Zeit für die Band gewesen sein, denn nach zwölf Monaten stieg Gründungsvater Jeff Rosenburg aus, Multiinstrumentalist Jarrett Silberman zog wieder nach LA, und Eastburn blieb an der Ostküste zurück, um weiter als Tänzerin und Choreographin arbeiten zu können. Young People wurden also zum Stille-Post-Projekt, Kassetten voller Ideen quer durchs Land geschickt. Und aus diesen entwickelte sich langsam, schwerfällig und schließlich "All at once". Ein Haufen spröder, steifer Songskizzen, der irgendwie als ganzes Album aus der Schrottpresse herauskam.
Vielleicht das Verrückteste an dieser Platte: Obwohl sie nur aus trockener Haut und gebrochenen Knochen zu bestehen scheint, hat sie doch etwas Theatherhaftes, Theatralisches an sich. Eine gut versteckte Verbindung zum Broadway, die nicht nur dann durchkommt, wenn sich "The clock" beinahe genußvoll als torkelnder Varieté-Schlager hochschaukelt. Es liegt wohl an Eastburn, ihrem dehnbaren, exaltierten, oft so gleichgültigen Gesang. Und es ist eine super Rückversicherung für die Selbsteinschätzung dieser ratlos machenden Band: "You won't hear another record like 'All at once' this year." Das zumindest ist nämlich echt mal sicher. Wahrscheinlich würden nicht mal Young People selbst diese Platte ein zweites Mal so hinkriegen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Slow moving storm
- The clock
Tracklist
- R&R
- Forget
- Dark rainbow
- Your grave
- Slow moving storm
- Reapers
- On the farm
- F
- The clock
- Heads will role
- Ride on