Built To Spill - You in reverse

Inkubator / Soulfood
VÖ: 13.04.2006
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Wendeplatte

Ist das Vermessenheit? Es war das Jahr 1997, als die amerikanische Indie-Formation Built To Spill ein Album "Perfect from now on" nannte und damit die Meßlatte für ihr künftiges Wirken ziemlich hoch aufhängte. Daß diese Selbsteinschätzung so fern der Realität nicht lag, belegte allerdings die Reaktion aus dem damals noch spärlichen Fanlager. Jenes nämlich attestierte der 1992 gegründeten Band aus Seattle (die offizielle Geschichtsschreibung beheimatet sie in Boise, Idaho) danach stets einen hohen Perfektionsgrad. Die Sache nahm ihren Lauf und spätestens seit "Ancient melodies of the future" von 2001 wußte dann auch der Rest der Musikwelt, daß Sänger Doug Martsch und seine Kapelle wirklich großartig musizieren können. Das aktuelle Album "You in reverse" nun hätte alle Qualitäten, jenen LP-Titel zu tragen, der 1997 schon Wahrheit wurde. Von jetzt an perfekt? Zumindest der Status quo verheißt Freudiges.

Es ist einmal mehr ein kleiner Geniestreich. Nach dem zeitlos schönen Vorgänger, der sich in vielen Momenten durch seine fragile Melodieführung und beherzte Wärme auszeichnete, lassen es Built To Spill wieder ein wenig rumpeln. "You in reverse" haftet sich den Rock ans Revers. Der Opener "Goin' against your mind" läßt mit stimmlicher Beigabe ganze zwei Minuten auf sich warten, so als spielten sich die Herren Musikanten erstmal nur warm. Danach jedoch folgen intensive sieben Minuten, in denen Built To Spill manchmal wie Grandaddy, dann wieder wie Neil Young klingen. Vor Liedern wie dem federleichten "Traces" oder dem brillierenden "Saturday" würde so mancher Musikfan wohl gern zur Salzsäure erstarren, so anmutig sind sie komponiert. Manchmal fließen die Tränen, im nächsten Moment werden sie vom mächtigen Hall schon wieder von der Backe gewischt.

Daß die Amerikaner von Grandaddy sich aufgelöst haben, ist eine zutiefst traurige Geschichte. Doch es gibt da ja noch Built To Spill, deren Schuhgröße ausreicht, die Fußstapfen der Großväter zu füllen. "Just a habit" etwa könnte auch aus dem testamentarischen Nachlaß von Grandaddy stammen. Die Überhymne des Albums aber ist "Liar", mit jenem wunderbaren Gitarrenlauf, der sich wie eine Schraube ins Gehirn windet und dort so widerspenstig festsetzt, daß er nur mit grober Gewalt wieder entfernt werden kann. "When things are all you think of / And plans are all you make (...) I wouldn't be your liar." Prächtig! Perfekt? Zunächst wird mal mit "Conventional wisdom" der Durchdrehfaktor erhöht, während die Gitarre derbe übersteuert ankündigt, daß Großes im Anmarsch ist. Ein Parforce-Ritt durch die Geschichte des Solos. Da ist es nicht mal hinderlich, daß der Gesang schon wieder minutenlang auf sich warten läßt. Die dürfen das. Weil sie es eben können.

Bleibt die abschließende Bewertung des Perfektionsgrades. Wie gut ist dieses Album? Das finale "The wait" gibt vielleicht eine Antwort, denn da singt Doug Martsch so passend: "You wait, you wait, patience, darling, patience, patience." Fünf Jahre des Wartens hat es für "You in reverse" gebraucht. Und doch setzt es sich weiter fort. Denn es bedarf einiger Geduld, um die Schönheit dieser zehn Songs zu entdecken. Einmal gefunden, läßt sie einen dann aber bestimmt nicht mehr los. Built To Spill? Sind built to last.

(Sebastian Peters)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Goin' against your mind
  • Liar
  • Whereever you go
  • The wait

Tracklist

  1. Goin' against your mind
  2. Traces
  3. Liar
  4. Saturday
  5. Whereever you go
  6. Conventional wisdom
  7. Gone
  8. Mess with time
  9. Just a habit
  10. The wait
Gesamtspielzeit: 54:23 min

Im Forum kommentieren

Mr Oh so

2016-12-29 19:02:01

Goin' against your mind, goin' against your mind
Goin' against your mind, goin' against your mind ...

Bonzo

2009-03-22 11:12:10

Also ich kanns.

Senior Twilight Stock Replacer

2009-03-22 02:47:21

Wie kann man dieses Album wertschätzen, wenn man Perfect from now on liebt (geliebt hat)?

gnubbel

2009-03-22 01:18:43

viel zu wenig rezipiert hier. überkrasses album. mir gehts da glaub ich wie bonzo. Goin' Against Your Mind ist der hammer und das bereits als opener. fantastisch

Bonzo

2008-04-13 00:48:12

Heute 5 Mal gehört. Wie geil ist das eigentlich? Goin' Against Your Mind werde ich sowieso niemals aus dem Kopf bekommen.

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