Secret Machines - Ten silver drops
Reprise / WarnerVÖ: 24.03.2006
Hoch oben
Staudammbrechende, tonnenschwere Bonzo-Gedächtnis-Grooves schleppten sich mit hypnotischer Wucht unbeirrbar vorwärts. Weltraumorgeln durchwaberten Raum und Zeit, ummauert von meterdicken Gitarrenwänden. Mit ihrem Debüt "Now here is nowhere", diesem seltsam faszinierenden, spröden Brocken zwischen stampfendem Bratgitarrengeschmadder, weitgetragenen Himmelschören und traumverloren-psychedelischem Space-Rock, hatten Secret Machines vor knapp zwei Jahren den Überraschungseffekt auf ihrer Seite. Ihr weitschweifiger Bombast forderte Geduld und aufmerksames Hören, krachte aber wie ein scharfkantiger Meteorit in viele Ohren der alternativen Rockszene. Fünf Wochen lang kerkerten sie sich im vergangenen Sommer ein, um in abgeschiedener Ödnis an ihrem neuen Epos zu feilen.
Und sie haben einige Schrauben neu justiert. Die Weite des Raumes atmet auch der neue Wurf "Ten silver drops". Ungeduldige Ohren werden auch hier schnell hibbelig auf und ab trippeln, ehe sie die Flucht ergreifen. Noch immer entfalten sich die Songs mit stoischer Ruhe, lassen kaum hetzen. Und doch hat sich einiges verändert. Ein wenig sanfter sind sie geworden, fast möchte einem das Wort "poppiger" von der Zunge hüpfen. Es kehren teilweise andere Besen auf "Ten silver drops", mit weicheren Borsten. Die schroffe, ungeschliffene Direktheit, das bollernde Scheppern ist einem vielschichtigeren Klangbild gewichen. Sie haben das wilde Tier in sich ein wenig gebändigt. So umschmiegen uns im Opener "Alone, jealous and stoned" zunächst weiche Streicherschwaden, sprudeln kleine Synthieseifenblasen, ehe die massiven Rhythmen losmarschieren, doch weit weniger mächtig, als wir es schon kennen gelernt haben. Das harmonische Gerüst tragen hier Klavierakkorde, während die Gitarre sich zunächst, von Hall umschwebt, gemütlich durch den Hintergrund zupft. Erst allmählich erobert sich die alte Wucht ihren Thron zurück, brandet mit tosender Gischt, zieht sich aber alsbald auch wieder zurück, um lyrischeren Tönen und Sphärengezwitscher Platz zu machen.
Bei der Single "Lightning blue eyes" kratzt man sich zu Beginn fast das Kinn, ob sich Jimmy Eat World unbemerkt in den Player geschlichen haben. Lupenreiner, leicht melancholischer Gitarrenpop umtanzt die Gehörgänge. Und auch wenn sich die Anfangsassoziation flink wieder verwischt: Der rauhe, schleppende Monstergroove, der große Teile des Vorgängers ausmachte, bricht sich erst in "Daddy's in the doldrum" wieder Bahn. Doch selbst hier dauert es, ehe es ungebremst schäumt. Doch scheinen sie wieder ganz zu sein, wer sie waren, um dies auch die nächsten zwei Stücke über zu bleiben. Kraftvoll, langsam, von hypnotischem Sog.
Fast schon balladesk gibt sich der Ausklang des Albums mit "I want to know if it's still possible" und dem famosen "1000 seconds". Mit beherztem Griff in die Pink-Floyd-Schatzkiste tauchen Secret Machines in sanfte, klavierbetupfte Sphären, schwurbeln sich durch synthetische Umlaufbahnen, lassen sogar Garth Hudson von The Band schlingernde Akkordeonschleifen in den Klangkosmos weben. Der Hallregler steht auf Anschlag, zarte Chöre umarmen das harmonische Fundament, das Melotron streichelt zärtlich darüber. Secret Machines lassen alles entspannt fließen, sich aufbäumen, abflauen, wieder anschwellen, auslaufen. Die neuen, feiner gewebten Kleider stehen den Songs, doch fallen die Kurven ein klein wenig flacher und weniger üppig aus. Noch sind sie unterwegs auf verschlungenen Pfaden über das Hochplateau. Sie suchen und sie finden.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Alone, jealous and stoned
- Daddy's in the doldrums
- 1000 seconds
Tracklist
- Alone, jealous and stoned
- All at once (It's not important)
- Lightning blue eyes
- Daddy's in the doldrums
- I hate pretending
- Faded lines
- I want to know if it's still possible
- 1000 seconds
Im Forum kommentieren
Enrico Palazzo
2024-10-02 19:15:25
1000 seconds ist fantastisch.
Insgesamt finde ich das Debut besser.
Huhn vom Hof
2024-10-02 19:04:30
Das schleppende "Daddy's In The Doldrums" hat so einen tollen Gitarrensound, grandios.
Elektrolyte
2017-03-07 11:54:52
Die liegt bei mir auch noch irgendwo rum. Eigentlich ganz coole Band gewesen.
Huhn vom Hof
2017-03-06 16:06:54
Erst vor kurzem habe ich diese Band entdeckt.
In der Ruhe liegt die Kraft:
https://www.youtube.com/watch?v=JAG2unCknzs
Ich will in die Zeit zurückreisen und ein Konzert der Secret Machines besuchen.
Lyxen
2007-04-18 11:04:38
Etwas ältere News:
++ Secret Machines-Schlagzeuger Benjamin Curtis hat die Band verlassen, um sich auf ein neues Projekt namens School Of Seven Bells zu konzentrieren. Bruder und Frontmann Brandon Curtis dazu: "Nach über 7 Jahren hat Benjamin sich entschieden, nicht mehr Teil der Band sein zu wollen. Es ist ein trauriger Tag, aber irgendwie auch spannend zu sehen, wie er sich nun, mit allem was er hat, School Of Seven Bells widmet. Er hat mir erzählt, dass er damit rechnet, sehr bald ein neues Album fertig zu haben und er plant momentan die ersten Shows hier in New York. Josh und ich wünschen ihm natürlich nur das Beste." Außerdem erwähnte Curtis, dass Secret Machines mit den Arbeiten zu ihrem dritten Album begonnen haben und voraussichtlich im Mai mit den Aufnahmen beginnen werden.
visions.de
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Secret Machines - Ten silver drops (52 Beiträge / Letzter am 02.10.2024 - 19:15 Uhr)
- Secret Machines - Awake in The Brain Chamber (4 Beiträge / Letzter am 09.09.2020 - 16:15 Uhr)
- Secret Machines - Now here is nowhere (29 Beiträge / Letzter am 17.06.2020 - 07:33 Uhr)
- Secret Machines - Neues Album (23 Beiträge / Letzter am 08.12.2008 - 19:47 Uhr)