Ms. John Soda - Notes and the like
Morr / Hausmusik / IndigoVÖ: 03.03.2006
Kraftlos
Das Rezensentenfegefeuer und die Rezensentenhölle haben noch freie Logenplätze für mindestens einen obligatorischen Exkurs nach Weilheim, wahrscheinlich einer der meistbemühten Ortsnamen im deutschsprachigen Musikjournalismus überhaupt. In diesem oberbayerischen Indieparallelsonnensystem kreisen soviele Nebenprojektsplaneten inklusive zahlreicher Albenmonde um die beiden Sonnen Console und The Notwist, daß sich mit der Aufzählung aller Kollaborationen ganze Magazinseiten füllen ließen. Michael Acher (The Notwist, Tied & Tickled Trio) und Stefanie Böhm (Couch) sind der Digital- und Analogpol des sonnennahen Planeten Ms. John Soda. Gesang plus Frickel-Klacker-Beat in einem kuscheligen Elektropop- und Indietronicsmantel, das ist kaum überraschend bei einer Morr-Neuerscheinung.
Was natürlich nicht zwingend bedeutet, daß die Gehörgänge nach ein, zwei Songs nur noch unmotiviert und schleppend die noch verbleidenden Titel zum Trommelfell durchschleusen. Oder daß sich die für alle Ohrenangelegenheiten zuständigen Synapsen mit den Worten konventionell, langweilig und "na ja, könnte man auch gut zum Bügeln hören, wenn man bügeln würde", füllen. Leider, ach, leider dominiert dieses Gefühl aber in weiten Teilen des zweiten Albums von Ms. John Soda. Mit beunruhigend komfortablem Vorsprung: das Gefühl von Durchschnittlichkeit.
"Notes and the like" wird in beinahe allen der neun Songs bestimmt von einem meist unauffälligen, jawohl, Frickel-Klacker-Beat, der gelegentlich aber auch die Schüchternheit und Gleichförmigkeit ablegt und nach vorn kommt und auf sich aufmerksam macht. Da vorne, neben dem Mikrophon, hangelt sich der variantenarme, gelegentlich eher wie ein Selbstgespräch wirkende Gesang von Stefanie Böhm entlang. Hier und da weben sich einige Streicherarrangements schummelig dazwischen. Beide stehen dann ein wenig desorientiert herum und suchen nach einem Halt für ihre Musik. Und wenn dann wie in "No. One" eine Gitarre einen erstklassigen Job als Fremdenführer macht, befinden sie sich einige Minuten lang auf dem richtigen Weg. Um sogleich im nächsten Song wieder in den alten Tritt zu kommen und längst ausgetreten geglaubte Einlullungspfade zu beschreiten.
"Notes and the like" reicht nicht einmal mit einer Hand an die von ihrem inzwischen vier Jahre alten Debütalbum "No P. Or D." hochgehangenen Erwartungen heran. Unauffällig und unaufgeregt plätschern die Songs aus den Kopfhörern. Weite Regionen des Albums scheinen von einer dicken Schneeschicht überzogen. Nur selten kann sich ein wenig Wärme an die hörbare Oberfläche durchtauen und das Frieren und die Gedämpftheit für eine kurze Zeit vergessen lassen. Das ist dann durchaus solider, sich an beiden Füßen die Zehen wärmender Elektropop. Man muß sich ja nicht gleich die ganze Fußsohle abfackeln. Aber wenigstens ein verbrannter Zehnagel wäre doch wohl drin gewesen, oder?
Highlights & Tracklist
Highlights
- No. one
- Outlined view
Tracklist
- Plenty of
- A nod on hold
- Hands
- Scan the ways
- A million times
- No. one
- Outlined view
- Line by line
- Sometimes stop, sometimes go
Im Forum kommentieren
smörre
2006-02-27 16:04:38
durchgängig durchschnittliche Platte mit einem wirklichen Highlight "Hands". Haben es leider nicht geschafft, die Liveenergie auf das Album zu bannen. Außerdem ist das Cover absolut abscheulich.
Wenn du die alten Sachen magst, dann wirst du sicherlich nicht enttäuscht - so viel hat sich jetzt nicht getan. Hochwertiger finde ich allerdings in diesem Genre die neue Electric President, auch auf Morr erschienen.
virginia
2006-02-27 15:01:41
Wie klingt denn die neue Platte?
Kann man denn das neue Album blind kaufen wenn man das erste mag, oder haben sie sich sehr stark verändert?
bee
2006-02-16 13:47:14
danke. das mag ich hier - man kriegt doch noch ne Antwort, auch wenn man die Frage schon vergessen hat ,-)
stativision
2006-02-15 11:56:19
und ein zweiter bassist/gitarrist ist auch noch dabei
klugscheisser
2006-02-15 11:48:09
nee, live spielen die mit tom geltinger, dem drummer von couch und volvox ( früher ). ein echtes tier der typ!
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