Mogwai - Mr Beast

Rock Action / PIAS / Rough Trade
VÖ: 03.03.2006
Unsere Bewertung: 9/10
9/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Geisterbann

Wenn Spötter die Aufrichtigkeit übermannt. Wenn notorische Epiker Übersicht und Kompaktheit entdecken. Wenn Sentimentalisten den Zorn ausformulieren. Wenn Punkrocker bei handzahmer Romantik erwischt werden. Wenn allerlei Gegensätze ineinander purzeln und kein weißes Rauschen entsteht, sondern erhabener Lärm. Wenn einem ein musikalischer Entwurf so angreifbar erscheint, daß man selbst viel zu spät spürt, daß einem dessen Umsetzung schon die Rasierklinge an die Kehle gelegt hat. Dann ist auch das fünfte Studioalbum von Mogwai ein glorreiches Meisterstück.

Man mag "Mr Beast" irrtümlich Stagnation vorwerfen, weil das abwechselnde Bersten und Kristallisieren der Gitarren vertraute Muster ergibt. Man mag vielleicht gar die stoische Leidenschaft und den dezent kitschigen Ansatzpop von "Acid food" als konzeptionell verwerflich einstufen oder der einer bedrohlichen Logik folgenden tektonischen Verwerfung in "Glasgow mega-snake" Blockbuster-Mentalität unterstellen. Doch dann legt einem die anmutige Spaltung der Musik einen Finger auf die Lippen. Und niemand bringt mehr einen Ton heraus.

"Mr Beast" funkelt und glitzert. Es ist ein gleichermaßen unheimliches wie verführerisches Leuchten, das sich in den unter hintergründigen Sägen und aufbrausenden Atemstillständen stattfindenden Tagträumen findet. Barry Burns' hymnisches Piano im eröffnenden "Auto rock" gleitet auf statisch aufgeladenen Elektronenwolken immer höher und höher, während die schiere Wucht des Schlagzeugs ein Ausrufungszeichen nach dem anderen setzt. Kulminierende Verzerrerbehandlung und schockgefrostete Stille. Tänzelnde Brutalität und naive Anmut. Abstrahierte Vernunft und der schiere Wahnsinn.

"Emergency trap" blinkt unter die Oberfläche der eigenen Eleganz und stößt auf erschreckend schöne Melodien. "Friend of the night" schildert einen gespensterbeladenen Alptraum in den wohligsten aller Farben. "Folk death 95" begehrt gegen Unbekannt auf, nur um nach aller Klangschwere plötzlich federleicht zu entschwinden. Und wer sich nach den resignierten Warnungen von "Travel is dangerous" noch vor die Tür wagt, liefert sich pflichtschuldig seinem Schicksal aus. Immer wieder transkribieren Mogwai ihre Ideen im Namen ihres Labels. So viel "Rock action" war nicht mal der so benannte Langspieler. Aber genau das sind schließlich Mogwais Lautstärken.

Peinlich berührt verschwindet auch noch der allerletzte Zweifel an der ehrfurchtgebietenden Brillanz der Schotten. Auch wenn "Young team" grenzüberschreitender war und "Come on die young" erschütternder: Mit "Mr Beast" definieren Mogwai schlichtweg den Begriff "Schönheit" neu. Hatte nicht schon Indieguru Alan McGee vorab ausgerufen, daß "Mr Beast" wohl das Album sei, das Mogwai immer zu machen angedroht hätten? Er könnte kaum falscher liegen. Denn das war keine Drohung. Es war ein Versprechen!

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Auto rock
  • Acid food
  • Travel is dangerous
  • Friend of the night

Tracklist

  1. Auto rock
  2. Glasgow mega-snake
  3. Acid food
  4. Travel is dangerous
  5. Team handed
  6. Friend of the night
  7. Emergency trap
  8. Folk death 95
  9. I chose horses
  10. We're no here
Gesamtspielzeit: 43:02 min

Im Forum kommentieren

Felix H

2019-08-24 23:11:43

Ohne jetzt alles im Kopf zu haben, ist das Ding in seiner Kompaktheit und fast Heavyness schon eher eine Ausnahme. Leider, denn das ist auch einer meiner absoluten Lieblinge.

Ich schätze auch ihre ausufernde Seite, aber prinzipiell trifft es meine Wertschätzung für "Mr. Beast" schon sehr gut. Kompakte Songs mit allem, was ich an Mogwai liebe.

The MACHINA of God

2019-08-24 23:06:26

Alle Alben bewegen sich aber zwischen 7/10 und 9/10. Von daher eigentlich alles empfehlenswert.

Und ja, "Remurdered" ist neben dem Opener auch mein Highlight der "Rave tapes".

The MACHINA of God

2019-08-24 23:04:56

Ich wiederhole es mal wieder: Die zwei Alben mit "H" beginnend sind die besten, die beiden mit "R" die schwächsten.

@Affengitarre:
"Batcat" und zwei von der letzten gehen in die Richtung. Sonst eher nicht so. Sind sonst eher subtiler.

Mayakhedive

2019-08-24 22:35:22

Das ist von dem Album auch mein Highlight. Insgesamt ist mir das aber vielleicht die Unliebste. Wobei ich die mit Abstand am wenigsten gehört hab.

VelvetCell

2019-08-24 22:28:16

Ich mag ja erstaunlicherweise auch die Rave Tapes sehr gerne. Insbesondere "Remurdered".

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