Merz - Loveheart
Grönland / Rough TradeVÖ: 24.02.2006
Spezial-Dragees
Google weiß auf das Kommando "Merz" hin so einiges zu apportieren: einen Pharmakonzern, dessen "Spezial-Dragees" angeblich den Alterungsprozeß verlangsamen. Das Fachblatt "Medien und Erziehung - Zeitschrift für Medienpädagogik". Den erst kürzlich gekürten Träger des "Ordens wider den tierischen Ernst", auch aus anderen Karnevalssitzungen bekannt. Was sich allerdings Conrad Lambert, in Yorkshire geboren und nach ausgedehnten Reisen rund um den Globus nun in Bristol beheimatet, bei seinem Künstlerpseudonym dachte? Man weiß es nicht genau.
Man weiß auch nicht genau, was er sich dabei dachte, nach seinem 1999 erschienenen, umjubelten Debüt - und all den vielversprechenden Erfolgsstationen von Top Of The Pops über Jools Holland bis hin zum Glastonbury-Festival - seinem hochdotierten Major-Plattenvertrag bei Epic einfach so Adieu zu sagen. Vermutlich war ihm der Kommerz dann doch unsympathisch, immerhin vereinnahmte dieser ja schon Lamberts komplettes Pseudonym. Alles natürlich nur Spekulationen. Bekannt jedoch ist folgendes Statement: "Merz sounds like nobody else in the world and the world would be alright if it listened to nobody else. We absolutely love him." Es stammt von Chris Martin. Und tatsächlich: Merz klingt speziell. Nach spätnächtlichem Geständnis, Melancholie, Verzweiflung, nahender Erkältung, Sehnsucht und falsch gewaschenem, daher unfreiwillig rauhem Cashmerepullover.
Wenn Conrad Lambert in eine Schublade gesteckt werden soll, dann wohl in jene mit der Aufschrift "introvertierter Tripfolk-Kauz". Nachdem es jahrelang still um den Multiinstrumentalisten war, hat er nun ein neues Zuhause bei Herbert Grönemeyers Grönland-Label gefunden und an einem Dutzend verschiedener Orte gemeinsam mit Bruno Ellingham (New Order, KT Tunstall, The Departure) die zehn Songs für "Loveheart" aufgenommen. Isolation und Orientierungslosigkeit, Hoffnung und Verzweiflung sind die Hauptthemen seines zweiten Longplayers - und nicht etwa seichtes Liebesgeflüster, wie man anhand des Titels annehmen könnte. Die "Postcard from a dark star" präsentiert das Motiv eines in einem finsteren - und bestimmt auch bitterkalten - Wald mutig voranschreitenden Klaviers. "Since I left I've been drifting / Through some distant space / A lonesome place", gesteht Merz. Und man bekommt sofort eine Ahnung, daß er sich in den vergangenen Jahren ähnlich gefühlt haben muß.
Überhaupt hat Merz eine Vorliebe für düstere, geheimnisvolle Klänge - die er allerdings auch gerne mit luftiger Akustikgitarre, Spieluhrmelodien, beschwingtem Cembalo, Ukulele, Mandoline oder diversen Synthiesounds aufmischt, was als eine gelungene Mélange aus David Gray, Badly Drawn Boy und Goldfrapp durchgehen würde. Während "My name is sad and at sea" eine eher anstrengende Geisterbahn-Fahrt unternimmt, entzückt "Verily" mit meditativen Qualitäten, leichtfüßiger Flamencogitarre und dezentem Chor im Hintergrund. "Butterfly" lädt zwar Bläser und Mundharmonika zur fröhlichen Klampfe ein, erweist sich dann aber als eher nichtssagende Gesellschaft. Das herrlich pulsierende, fast matraartige "Warm cigarette room" entschädigt allerdings souverän, und auch der Titeltrack gefällt mit sanften Folktönen. Auch wenn Chris Martin mit seiner Lobhudelei schon ein wenig übertrieben hat: Conrad Lambert hat durchaus ein Händchen für das Spezielle im Einfachen. Wenn's für diese Eigenschaft bloß auch "Spezial-Dragees" geben würde.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Verily
- Warm cigarette room
Tracklist
- Postcard from a dark star
- Dangerous heady love scheme
- Verily
- My name is sad and at sea
- Butterfly
- At night I dream your bedroom's crammed with ducks
- Warm cigarette room
- Mentor
- The leaving song (Yorkshire traction)
- Loveheart
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Cello
2006-03-14 04:11:31
Habe Merz schon live erlebt! War ganz toll. Möchte mir das Album loveheart noch kaufen.
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2006-02-25 15:31:02
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Dazer
2006-02-24 11:19:52
och, nur 6/10? dabei ist 'Postcard from a dark star' ja doch so schön...aber dennoch nicht bei den highlights.
smörre
2006-01-29 15:35:12
sehr schönes Album. I Am Kloot trifft Electric President (oder so). Sehr unaufdringlich, aber nice. Nicht bahnbrechend und überragend, aber dennoch mehr als zu empfehlen!
nussschale
2006-01-26 00:57:07
Huch, verwechselt mit: März - Love Streams
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