Magnet - The tourniquet
Atlantic / UniversalVÖ: 27.01.2006
Gegenpol
Hier ist die Lupe rein. Und was erspähen wir beim Blick hindurch? Verspielten Pop in Großaufnahme. Süß, doch nicht süßlich, mit melancholisch niedergeschlagenen Augen aber mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen. Schon mit seinem letzten Wurf "On your side" feilte, schraubte und bastelte Even Johansen alias Magnet emsig, um mit glitzernden Melodien und ausgetüftelten Arrangements den Sturm auf den Olymp der perfekten Pop-Platte zu wagen. Durchaus erfolgreich. Lobeshymnen ergossen sich allerorten, seine feinen Songs wurmten unzählige Ohren. Nun schiebt er mit "The tourniquet" ein neues Brikett ins Feuer der detailverliebten Melodienseligkeit.
Auch hier ist es durchaus ratsam, vor dem Hören noch einmal kurz ins Bad zu springen, um sich die Ohren zu waschen. Denn zu schade wäre es, wenn die unzähligen liebevoll eingewobenen, versteckten Details wegen unsauberer Gehörgänge verwischt würden. Magnet erhebt das Songwriting zur Kunst und hat hörbaren Spaß am verspielten Ausfeilen seiner Ideen. Schon beim Auftakt, der Single "Hold on", zieht der Norweger unzählige Register. Noch ist früher Morgen. Verschrobene Rhythmuspattern pluckern, Obertonschleifen grüßen vom Sirius, Baßlinien werden gezogen wie Kaugummi, verschmitzt synkopiert zupft sich ein Banjo dazu, Johansens samtige Stimme schwebt darüber. Ungewöhnliche Harmoniewechsel wecken das Ohr, Harfen-Arpeggien glitzern, eine Weltraumorgel schlingert hinzu. Im Refrain geht dann die Sonne auf. Streicher spannen einen gleißenden Regenbogen. Xylophontupfer tanzen auf Wolken aus butterweichen Elfengesängen vom Himmel. Und plötzlich, nach dem zweiten Refrain, zieht er auch noch mehrstimmige Flying-Picketts-Gedächtnis-Chöre aus der Trickkiste, die zunächst sanft hineingleiten und den Song am Ende sogar a cappella nach Hause bringen. Pure Schönheit, die bei jedem Hören neu und anders schillert.
Im traumschönen Zupfgitarrenschwelger "Duracellia" überraschen plötzlich singende Sägen und perlende Slide-Gitarre. "All you ask" liefert gar einen Hauch von Reggae-Feeling in der skurrilen Kombination mit Cembalo, Glockenspiel und Bläserchorälen im Refrain. "Blow by blow" erinnert phasenweise fast an ein unterirdisches Alien mit Heimweh. Und auch den eingestreuten Kesselpauken, elektronischen Spielereien, butterweichen "Huuuh"-Chören, hingehauchten Flötenweisen, einem heimlich verliebten Rhodes-Piano und unzähligen anderen Klangfarben gibt Magnet in seinen Songs mit geschmackssicherem Gespür ihren Platz. Egal, wohin es Dich auf der Platte verschlägt: Immer triffst Du Melodien, die Dich auf ihre Schultern nehmen und ein Stück weit tragen, überall triffst Du raffinierte Details, die aufhorchen lassen. Johansen wandert immer knapp am Abgrund. Der Kitsch ist selten weit, doch er umschifft ihn haarscharf. In Momenten, wo die Schönheit schon fast zu strahlend zu werden droht, flicht er ein ums andere Mal überraschende Wendungen ein, die klitzekleine Splitter und Sprünge ins glatte Klangbild werfen. Hier trifft zarte Zerbrechlichkeit auf orchestralen Breitwandpomp, heimliche Verschrobenheit auf zuckriges Harmonieschwelgen. Das hier ist ein funkelndes Pop-Kaleidoskop – geschliffen, glatt, aber mit Ecken und Kanten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Hold on
- Duracellia
- All you ask
Tracklist
- Hold on
- Duracellia
- The pacemaker
- Believe
- All you ask
- Deadlock
- Fall at your feet
- Blow by blow
- Miss her so
- Jaws
Im Forum kommentieren
ecoustic
2006-03-13 06:23:24
hey
ich hab "on your side" neulich mal durch n zufall entdeckt(kannt magnet garnich)
und muss sagen das es sich in kürzester zeit einen beträchtlichen Platz in meiner alben liste infiltriert hat.
ich würd sagen, es ist akustischer und songorientierter alsdernachfolger.
ich mag on your side definitiv lieber, weils irgendwie mehr magische momente hat.
klingt wie die logische mischung aus elliot smith, den beatles, aqualung und norwegen halt :o)
gruß
ecoustic
www.ecousic.ent
Hanno
2006-03-12 13:15:40
Fliegt bei mir hier rum, ohne daß ich allerdings bisher Zeit hatte, in die Scheibe hineinzuhören ...
yadias
2006-03-12 01:11:17
Wieso hat eigentlich noch keiner einen Thread darüber erstellt??? Kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Ist schließlich richtig schön geworden das Album des norwegischen Songwriters Even Johansen. Watteweich könnte man auch sagen. Keane als genannte Referenz triffts eigentlich ganz gut, nur einfacher, ohne den ganz Pathos und Pomp.
Hold On, The Pacemaker, Fall At Your Feet und besonders Jaws sind imho großartig und der Rest bewegt sich auch in dem Bereich.
Der eine mag sich vielleicht langweilen ob der gepflegten Melancholie und der ruhigen Töne. Alle anderen sollten mal probehören.
Kennt eigentlich jemand den Vorgänger "On Your Side"??? Wie ist der so???
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