Film School - Film School

Beggars Banquet / Beggars / Indigo
VÖ: 20.01.2006
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Schuhplattler

Es gibt sie tatsächlich. Diese seltenen Momente, in denen ein Blick alles sagt. Erleuchtung verschafft. Wie wichtig so eine kleine, Großes verkündende Momentaufnahme ist, lernt man an der Filmhochschule noch vor dem korrekten Aufstellen eines Regiestuhls. Der geübte Albumcover-Betrachter weiß daher sofort, welchem Genre sich Film School aus San Francisco verschrieben haben: Das Artwork zeigt ein üppiges Tulpenbeet? Shoegazer, ganz klar. Stimmt sogar. Wer nun spontan an den alten Poesiealbum-Spruch mit den Rosen, Tulpen und Nelken denkt, dem sei auch gleich verraten, wer bei Film School Vergißmeinnicht-Status genießt: Joy Division, Echo & The Bunnymen, My Bloody Valentine und The Cure.

Daß nach derartiger Heldenverkündung eher ausdauernd im Trübsinn gefischt wird, anstatt liebliche kalifornische Sonnenuntergänge zu besingen, dürfte klar sein. Trotzdem besaß die Band um Sänger und Gitarrist Krayg Burton genug Humor, um ihr 2001er Debüt "Brilliant career" zu nennen. Zwei Jahre später folgte die EP "Always never", eine Lobhudelei der Music Week - "This band should be huge!" - und schließlich ein Plattenvertrag beim renommierten Label Beggars Banquet. Vielleicht war es aber auch gar kein Humor, sondern bloß Vorhersehung. Das selbstbetitelte Zweitwerk verschafft in dieser Hinsicht allerdings noch keine Erleuchtung.

Standesgemäß eröffnet das Werk ein schwummeriges Intro, das mit viel Hall für stimmungsvolles Dämmerlicht sorgt. "On & on" übernimmt mit seufzendem Baß, der durch einsame, weite Gitarren-Landschaften wandelt. Burton klingt wie Robert Smith - man hört förmlich, wie theatralisch die Schminke verläuft. Und Joy Division hört man auch. Immer wieder. "Harmed" beginnt mit Kinderliedmelodiösem und mündet in eine Emotions-Explosion, dargestellt von, natürlich: verzerrten Gitarren. Beinahe fröhlich wird es bei "Pitfalls" und "Breet", so ganz können sich Film School der kalifornischen Sonne eben doch nicht entziehen. Schicken aber noch schnell ihr Introvertiertheits-Bekenntnis - "Take a look inside / Then keep it to yourself." - hinterher. "He's a deepdeep lake" beweist, daß der Umkehrschluß der altbekannten Phrase, tiefe Wasser müßten auch immer still sein, eine gänzlich falsche Annahme ist. Tatsächlich äußerst still ist die in der Wohnung von Gitarrist Nyles aufgenommene Akustiknummer "Sick of the shame". Die dann doch in einem verstörend sphärischen Elektronikwust endet. "Like you know" klingt wie ein elegisches My-Bloody-Valentine-Stück.

Für die einen ist es Hypnose, für die anderen bloß Monotonie. Gerade, weil es nicht immer durchweg packend umgesetzt worden ist. Film School haben ein solides Drehbuch geschrieben - die Geschichte ist spannend und mitreißend, die Dramaturgie stimmt. Das Problem ist nur: Die Protagonisten kennt man bereits aus unzähligen anderen Filmen, die in der Videothek unter "Shoegazer, 80s" stehen. Und daß Remakes keine einfache Sache sind, lernt man in der Filmhochschule direkt nach dem korrekten Aufstellen eines Regiestuhls.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • On & on
  • Pitfalls
  • Breet

Tracklist

  1. Intro
  2. On & on
  3. Harmed
  4. Pitfalls
  5. Breet
  6. He's a deepdeep lake
  7. Garrison
  8. 11:11
  9. Sick of the shame
  10. Like you know
  11. P.S.
Gesamtspielzeit: 51:21 min

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