Die Ärzte - Devil

Columbia / Sony BMG
VÖ: 21.10.2005
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Behörden-Gang

Wer hätte das gedacht? Es geschehen also noch Zeichen und Wunder. Gut siebzehn Jahre, nachdem die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPJS) das teuflische Debütalbum dreier großmäuliger Möchtegernpunks mit schrägen New-Wave-Frisuren aufgrund zweier Songs, die angeblich dazu beitrugen, "Jugendliche sozialethisch zu desorientieren", auf den Index setzte, war es letztes Jahr soweit: Der Eintrag im bösen Buch wurde gestrichen und "Debil" ab sofort auch wieder für die U18-Hörer erhältlich. Hip hip hurra, alles ist super, alles ist wunderbar! Oder doch nicht?

Vielen, die seinerzeit mit den Herren Doktoren musikalisch groß wurden und für die Songs wie dem legendären Herzensbrecher "Zu spät", "Roter Minirock" oder "Paul" wohl ewig mit den teilweise recht trashigen Achtzigern verbunden bleiben werden, wird angesichts dieses Re-Releases unter neuem Namen erstmal die Kinnlade runterfallen. Ach, du meine Güte, war das wirklich 1984? Einundzwanzig Jahre ist das wirklich schon her? Die Ü30-Fraktion hat’s nicht leicht. Aber was soll's? Sind die Schuppen erstmal von den Augen gefallen und die "Scheiße, bin ich alt!"-Tatsache akzeptiert, kann der eigentliche Spaß endlich beginnen.

Das Suhlen in der eigenen Vergangenheit nämlich. Hach, was waren das für Zeiten! Obwohl damals eigentlich kein Bademeister weit und breit auf den Namen Paul hörte, geschweige denn kleine Mädchen zur Strecke brachte, erschien dies aus Teenie-Sicht ein äußerst formidabler Berufswunsch und entpuppte sich zum Freibad-Ohrwurm. Helden in Adiletten. "Kamelralley" war schon damals die Hymne der Timm Thalers der Schule. Lachen verboten, Kajalstift und dunkle Klamotten erlaubt. Traurig alles. Aber längst nicht so einsam wie der größte Outlaw der Achtziger, El Cattivo. Fiesling, Schwerverbrecher, aber irgendwie saucool. Und er lächelt. Denn er weiß: Das Böse siegt immer.

Ganz im Gegensatz zu "Micha", dem man genau wie "Paul", "El Cattivo" und "Mr. Sexpistols" einen gewissen Heldenstatus nicht abstreiten kann. Und trotz seines beschwingten Westernsongs bleibt Micha der typische Verlierer. Ein lonesome Cowboy, auf den nicht nur seine Braut sondern selbst sein galoppierender Untersatz keinen Bock mehr hat. Vielleicht sollte Micha mal bei Claudia nachfragen. Aber die hatte anno 1987 ja eher Verwendung für das Pferd. Typisch "Mädchen". Damals wie heute.

(Jochen Gedwien)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • El Cattivo
  • Micha
  • Zu spät
  • Roter Minirock

Tracklist

  1. Ärzte Theme (Instrumental)
  2. Scheißtyp
  3. Paul
  4. Kamelralley
  5. Frank'n'stein
  6. El Cattivo
  7. Claudia hat 'nen Schäferhund
  8. Mädchen
  9. Mr. Sexpistols
  10. Micha
  11. Zu spät
  12. Roter Minirock
  13. Schlaflied
  14. Teenager Liebe (featuring Axel Knabben)
  15. Grace Kelly (Richy Guitar Version)
  16. Ärzte Theme (featuring Axel Knabben)
  17. Claudia hat 'nen Schäferhund (Unikum-Tapesampler-Version)
  18. Füße von Tisch
  19. Hidden track
Gesamtspielzeit: 54:27 min

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