Wilco - Kicking television - Live in Chicago

Nonesuch / Warner
VÖ: 11.11.2005
Unsere Bewertung: 9/10
9/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Lichtermeer

Das Heimspiel als Triumph. Als Wilco im April dieses Jahres nach einjähriger Tour zum Zwischenstop in Chicago halt machten, waren die Zeichen klar. Dies ist der Moment, dies ist die Band, dies ist die Stadt. "Yankee hotel foxtrot" hatte Jeff Tweedy und seine Mannen schon in neue Sphären katapultiert. Mit "A ghost is born" gab es dann keine Grenzen mehr. Selbst für die eigenen Songs.

Denn Tweedy sprach davon, daß es nach dem Einstieg von Bob Egan und Nels Cline endlich eine gemeinsame musikalische Vision gäbe. Und wie sich die wohl anhört, demonstriert "Kicking television - Live in Chicago". Aufgenommen an vier Abenden im vergangenen Mai findet sich auf diesen zwei Silberlingen ein kompletter Wilco-Gig. Und der zeigt die Band in der Form ihres Lebens.

Natürlich sind es erst einmal die wundervollen Tweedy-Songs, die voller Sorge und Trost stecken, voller Übermut und Melancholie, voller Eigensinn und Zärtlichkeit. Und wo schon die Vorlagen die Herzen aufgehen lassen, befreit sich diese Darbietung von allen Einschränkungen. Die Band jongliert mit Fallstricken und Widerhaken. Aber niemand stolpert, keiner verliert den Halt. Der Kopf in den Wolken, die Füße fest auf der Erde. Und die Musik wächst und wächst und wächst.

"Misunderstood" schlägt Ausrufungszeichen in den Bühnenboden, "Company in my back" und "Hell is chrome" segeln auf zerfließenden Leidenschaften, und "I am trying to break your heart" überspielt den Schwermut mit näckischen Witzchen. Immer wieder dienen die Harmonien und Melodien nur als Fundament für Streifzüge. Ins Land der Träume und Wunder. Wo kleine Fauxpas nur Schönheitsflecken sind. Charakter. Menschlichkeit.

Diese Musik beginnt zu leben. Und kostet ihre Existenz aus. All das Herzblut, das "At least that's what you said" verschüttet, ist hier noch bitterer, die befreiende Explosion noch gewaltiger. "Radio cure" beschwichtigt wie die Umarmung eines besten Freundes. Das Labsal von "Jesus, etc." und "Wishful thinking" verteilt feuchte Augen und heißkaltes Schaudern. Der alte Heimkehrschlager "Via Chicago" hat natürlich zuhause schon gewonnen, bevor es über sich hinauswächst. Bevor das Schlagzeug plötzlich lospoltert und den Song zur Lawine macht. Und die ganze Welt hält den Atem an.

Man hatte schon von offenstehenden Mündern und hemmungsloser Begeisterung des deutschen Publikums anläßlich des jüngsten Wilco-Gastspiels erzählt. Schon der Bericht sorgte für feuchte Hände. Man vermißte, was man nicht erleben konnte. Und auch wenn "Kicking television - Live in Chicago" nur die auditorische Komponente dieser Konzerterfahrung transportieren kann, verändert einen das klangliche Erlebnis. Man fühlt den Schweiß und schmeckt die Scheinwerfer. Man riecht den Schall und atmet die Begeisterung. Mittendrin statt nur dabei.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Misunderstood
  • Hell is chrome
  • I am trying to break your heart
  • At least that's what you said
  • Wishful thinking
  • Jesus, etc.
  • Via Chicago
  • Ashes of American flags
  • Spiders (Kidsmoke)

Tracklist

  • CD 1
    1. Misunderstood
    2. Company in my back
    3. The late greats
    4. Hell is chrome
    5. Handshake drugs
    6. I am trying to break your heart
    7. Shot in the arm
    8. At least that's what you said
    9. Wishful thinking
    10. Jesus, etc.
    11. I'm the man who loves you
    12. Kicking television
  • CD 2
    1. Via Chicago
    2. Hummingbird
    3. Muzzle of bees
    4. One by one
    5. Airline to heaven
    6. Radio cure
    7. Ashes of American flags
    8. Heavy metal drummer
    9. Poor plates
    10. Spiders (Kidsmoke)
    11. Comment
Gesamtspielzeit: 114:07 min

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