Rage Against The Machine - Renegades
Epic / SonyVÖ: 27.11.2000
Zwischen den Welten
Die Nachricht traf ins Mark: Zack de la Rocha hat Rage Against The Machine verlassen. Auch wenn die verbliebenen Mitglieder beteuern, daß dieser Ausstieg nicht das Ende der Band bedeute, fragt man sich doch, wie es ohne den charismatischen Frontmann mit dem unverwechselbaren Organ weitergehen soll. Zacks Ausstieg reißt nicht nur musikalisch eine gigantische Lücke. Er war auch ein entscheidender Faktor für Rages unermüdlichen Kampf gegen die Klippen des Kapitalismus. Der Band, die sich als gutes Gewissen Amerikas und trotz eigenem Majordeals als Vorkämpfer für die Kleinen und Schwachen der Gesellschaft versteht, liefen bereits seit ihrer Gründung 1991 pausenlos Auflösungsgerüchte nach. Zu stark schienen insbesondere die musikalischen Gegensätze und Auffassungen zwischen den einzelnen Mitgliedern. Aber war nicht eben diese Heterogenität die entscheidende Stärke von Rage Against The Machine?
Viel deutlicher als auf den bis dato erschienenen drei Studioalben präsentieren sich Rage Against The Machine als Wanderer zwischen den Welten. Vereinigten sich bisher in ihrem Kosmos Elemente von Hip-Hop über Funk bis hin zu Rock und Punk zu einer aggressiven Crossover-Mischung, erkennt man auch in der sorgsamen Auswahl der Coverversionen nun wieder deutlicher die Ursprünge und Initatoren, die hinter ihrem Sound stehen. Rage sind "Renegades": Ausgestoßene, die nirgendwo wirklich heimisch sind, sich keiner Gruppe bedingungslos verschreiben und zwischen Extremen hin- und herpendeln. Eben wegen der Ausdifferenzierung der verschiedenen Einflüsse zählt diese Platte, die sich ausschließlich aus Fremdkompositionen zusammensetzt, zum Abwechslungsreichesten, das Rage je vollbracht haben. Wer nach "The battle of Los Angeles" befürchtet hatte, die Band hätte sich in ihrem Sound festgefahren, wird hier eines besseren belehrt: Irgendwo zwischen dem "Microphone fiend" der Hip-Hop Urväter Eric B. And Rakim, über das aufwühlend minimalistischsten "Beautiful world" (im Original von Devo), wohl der ruhigste Song der Bandgeschichte, und reinrassigen Rock wie MC5s "Kick out the jams" oder Hardcore-Punk à la "In my eyes" von Minor Threat definiert sich die Band. Nicht nur musikalisch, sondern auch textlich sind ihre Roots klar zu erkennen, wenn sie die Platte mit den beiden Protestsong-Klassikern "Street fighting man" von den Stones und "Maggie's farm" von Bob Dylan ausklingen lassen.
Die schier unglaubliche Kraft und Wut, die für Rage Against The Machine in ihrer fast zehnjährigen Bandgeschichte zu einem Markenzeichen geworden ist, verbindet auch auf "Renegades" die äußerlich scheinbar willkürliche Zusammenstellung der Songs. Bereits nach dem ersten Hören hat sich die Platte in die Gehörgänge gefressen. Eine Wertung für eine reine Cover-Platte zu finden, bleibt trotzdem ein heikles Unterfangen: Wieviel Eigenanteil besitzt eine Band an Stücken, die nicht von ihr geschrieben wurden? Wieviel Kalkül steckt dahinter, wenn ein solches Album so kurz vor Weihnachten erscheint? Doch bei Rage Against The Machine greift der Vorwurf der Kommerzialisierung wohl kaum. Außerdem haben die Vier unverkennbar allen Stücken ihren eigenen, zornigen Stempel aufgedrückt. Aus Originalen von Afrika Bambaataa, Bob Dylan, Cypress Hill und Bruce Springsteen wurden waschechte Songs von Rage Against The Machine. Auch angesichts der schwierigen Situation, in der sich die Band derzeit befindet, deutet man "Renegades" besser als eine Rückbesinnung auf die eigenen Stärken. Beim Hören von "Renegades" erhascht man einen Blick hinter die Fassade einer der wichtigsten und prägendsten Bands der 90er Jahre. Der Keim der Revolution ist gesät. Auch wenn Rage Against The Machine in dieser Besetzung nicht mehr die Ernte einfahren wird, ist ihr Engagement beispiellos und endloser Verehrung würdig.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Kick out the jams
- Beautiful world
- How I could just kill a man
Tracklist
- Microphone fiend
- Pistol grip pump
- Kick out the jams
- Renegades of funk
- Beautiful world
- I'm housin
- In my eyes
- How could I just kill a man
- The ghost of Tom Joad
- Down on the street
- Street fighting man
- Maggie's farm
Referenzen
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