Superpunk - Können Sie das groß machen, bitte?!
L'Age D'Or / Rough TradeVÖ: 28.10.2005
Fünf Freunde
Die Schiebetüren eines Kleinbusses werden hektisch geschlossen, geräuschvoll mit Autoschlüsseln hantiert, schnittig der Motor angelassen. Hörspiel, "Die ??? und die Bankräuber", ganz sicher. Dann: Stimmen, dezentes Autoradiogedudel. Plötzlich: "Weißt du den Weech?" Es wird etwas von "Hannover" gemurmelt, wie aus dem Nichts ertönen die ersten Gitarrenakkorde von "Ich mag den Mann nicht, der ich bin", und alles ist klar: Das ist keine Folge von "Die ???". Das sind die fünf Freunde von Superpunk. Und das ominöse Fluchtfahrzeug ist bloß ihr netter kleiner Tourbus. Drei Auftritte der "Einmal Superpunk, bitte!"-Konzertreise wurden im Januar 2005 in Köln, Oberhausen und Bielefeld aufgenommen, in kunstvollem Patchwork zu einer einzigen Show zusammengeschnitten und mit O-Tönen aus dem Tourleben der Hamburger "Top old boys" gewürzt.
Vor genau zehn Jahren liest Sänger und Gitarrist Carsten Friedrichs in einer Musikzeitschrift von einer Band, deren Mitglieder darin vollmundig als "die neuen Superpunks" angepriesen werden. Weil er das für einen adäquaten - und nicht zuletzt angemessen augenzwinkernden - Namen für eine Rockformation hält, werden ein paar Freunde als Mitmusiker akquiriert, darunter auch ein gewisser Jan Müller (heute Tocotronic) am Baß. 1997 steht nach diversen Umbesetzungen das endgültige Line-Up fest, an dem sich bis heute nichts geändert hat: Carsten Friedrichs - Gesang und Gitarre, Lars Bulnheim - Gitarre, Tim Jürgens - Baß und Backingvocals, Thies Mynther - Tasteninstrumente und Thorsten Wegner - Schlagzeug. Zwei Jahre später erscheint das Superpunk-Debüt "A bisserl was geht immer", produziert von Bernd Begemann.
Mittlerweile kann die Band ihre Setlist aus insgesamt drei Studioalben zusammenbasteln: 2001 erschien "Wasser marsch!", letztes Jahr das nach der Original-Äußerung eines älteren Herren an der Konzert-Abendkasse betitelte "Einmal Superpunk, bitte!". Wer noch kein Superpunk-Album sein Eigen nennt, macht mit dem Kauf der Live-CD "Können Sie das groß machen, bitte?!" ein gutes Geschäft: Es sind fast alle Hits drauf: "Matula, hau mich raus", "Bleib deinen Freunden treu", "Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen" und natürlich "Beau rivage". Der Eingeweihte hingegen vermißt mindestens "Tu einfach dein Bestes und mach dir keine Sorgen" und vor allem jegliche Art von Überraschungen. Alle zwanzig Songs findet man auch auf einem der drei Longplayer - also keine B-Seiten, Raritäten, Neuheiten oder Coverversionen.
So sympathisch der Klassenfahrtcharme, so spürbar die Bandharmonie und so launig ihr alltagslyrisch hervorragender Punkpopnorthernsoulrock'n'roll auch ist - nach spätestens dem zehnten Lied hat man irgendwie das Gefühl, bereits das gesamte Repertoire zu kennen. Doch nun kommt der Moment, in dem Superpunk einen Joker aus dem Ärmel ziehen: Die Bonus-DVD. Und die gleicht nun wirklich alles aus, was man auf dem Tonträger an Vielfalt vermissen könnte. Da ist zum einen der Superpunk-Film "Ich mag den Mann nicht, der ich bin", zum anderen alle bisher erschienenen Videoclips - auch jener zu "Ich kann nicht nein sagen", tatsächlich mit einer 1-DM-Super-8-Kamera vom Flohmarkt gedreht. Und dann gibt es natürlich noch Live-Aufnahmen und tonnenweise Bonusmaterial. Das muß man gar nicht mehr groß machen, das ist schon groß. Und paßt eigentlich gar nicht mehr in einen Kleinbus.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Ich mag den Mann nicht, der ich bin
- Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen
- Bleib deinen Freunden treu
- Beau rivage
Tracklist
- Ich mag den Mann nicht, der ich bin
- Ein bißchen Seele
- Raus aus dieser Stadt
- Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen
- Die Straßen deiner Stadt
- Ich bin ein Snob
- Eric Cantona stomp
- Ich weigere mich, aufzugeben
- Diese Welt ist nicht für mich gemacht
- Lehn dich an mich
- Wenn du wieder rauskommst
- Neue Zähne für meinen Bruder und mich
- Ich bin kein Ignorant, ich bin kein Idiot
- Allein in eisigen Tiefen
- Rock'n'roll will never dead
- Matula, hau mich raus
- Nein nein nein
- Ich kann nicht nein sagen
- Bleib deinen Freunden treu
- Beau rivage
Referenzen
Spotify
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